Auf Sand gebaut

Die globale Arbeitsökonomie und die WM in Katar

von Nikolaus Gietinger

Versão em português

zuerst erscheinen in Jungle World 46/2022 vom 17.November 2022

In den Golfstaaten arbeiten Millionen von Wanderarbeiter:innen, allerdings nicht im Hauptgeschäft mit Öl oder Gas. Sie schuften für die sinnlosen Prestigebauten der futuristischen Wüstenstädte.

Die Liste der Skandale bei der Ausrichtung der Fifa-Fußballweltmeisterschaft der Männer im islamischen Wüstenstaat Katar ist lang: Das Emirat ist bekannt für diverse Menschenrechtsverletzungen, der Bericht »Freedom in the World 2021« der US-amerikanischen NGO Freedom House bewertet das Land mit nur 25 von 100 Punkten als »nicht frei«. Homosexualität steht ­unter Strafe, das auf der Sharia beruhende Gesetzbuch in Katar sieht dafür sieben Jahre Haft vor. Homosexuellen Muslimen droht sogar die Todesstrafe, auch wenn sie hierfür noch nie vollstreckt wurde. Gütigerweise hat ­Katar aber angekündigt, dass Regenbogenflaggen während der WM erlaubt sein werden.

Neben den Korruptionsvorwürfen, die sich um die Vergabe der WM an Katar ranken, ist auch die Situation der Wanderarbeiter:innen, die dort am Bau der Infrastruktur für die WM beteiligt sind, ein vieldiskutiertes Thema. Eine Dokumentation über die menschen­unwürdigen Arbeits- und Unterbringungsbedingungen folgt auf die nächste und alle halbe Jahre muss bilanziert werden, dass sich daran trotz anderslautender Versprechungen nichts gebessert hat. Die UN und verschiedene NGOs fordern völlig zu Recht, dass die sklavereiähnlichen Zustände abgeschafft werden müssen. Was allerdings häufig auf der Strecke bleibt, ist eine Analyse der Gründe für das Gastarbeitersystem, welches nicht nur in Katar besteht, sondern in allen Staaten des Gulf Cooperation Council (GCC), dem Bahrain, Kuwait, Oman, Katar, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate angehören.

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Construindo sobre areia

A economia global do trabalho e a Copa do Mundo no Catar

por Nikolaus Gietinger

Deutsche Version

Publicado pela primeira vez por krisis Kritik der Warengesellschaft

Milhões de migrantes trabalham nos Estados do Golfo, mas não no negócio principal de petróleo ou gás. Eles trabalham arduamente nos prédios de ostentação sem sentido das cidades futuristas do deserto.

A lista de escândalos em torno da realização da Copa do Mundo masculina da Fifa no país desértico e islâmico do Catar é longa: o emirado é conhecido por inúmeras violações de direitos humanos e relatório “Freedom in the World 2021”, da ONG norte-americana Freedom House, classifica o país como “não livre”. A homossexualidade é punida com sete anos de prisão segundo a lei do Catar, baseada na Sharia. Muçulmanos homossexuais enfrentam até a pena de morte, ainda que nunca tenha sido realizada para esse fim. O Catar anunciou amigavelmente que as bandeiras do arco-íris serão permitidas durante a Copa do Mundo.

Além das denúncias de corrupção em torno da escolha do Catar para a Copa do Mundo, a situação dos migrantes envolvidos na construção da infraestrutura para o torneio também é um tema muito discutido. A ONU e várias ONGs exigem, com razão, a abolição de condições análogas à escravidão. No entanto, o que muitas vezes fica no esquecimento é uma análise das razões do sistema de trabalho dos imigrantes, que existe não apenas no Catar, mas em todos os países do Conselho de Cooperação do Golfo (GCC), que inclui Bahrein, Kuwait, Omã, Catar, Arábia Saudita e os Emirados Árabes Unidos.

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Audio: Radikale Arbeitszeitverkürzung, Vergesellschaftung und Selbstorganisation

Wie wir völlig anders wirtschaften könnten

Fabienne Fecht im Gespräch mit Lothar Galow-Bergemann über Gesellschafts- und Wirtschaftsfragen

aufgenommen am 3. Oktober 2022 im Rahmen des ÜBER:MORGEN- Festival der Kultur Region Stuttgart

Wirtschaften wir weiter so, als sei ewiges Wachstum möglich, untergraben wir unsere Lebensgrundlagen und haben zu wenig Zeit für wirklich Wichtiges. Radikale Arbeitszeitverkürzung und ein anderes Verständnis von Eigentum und gesellschaftlicher Teilhabe sind dringend erforderlich.

Fabienne Fecht ist Gewerkschaftssekretärin und promoviert derzeit an der Universität Freiburg in Allgemeiner und Vergleichender Literatur- und Kulturwissenschaft

Lothar Galow-Bergemann schreibt u.a. für Jungle World und Emanzipation und Frieden

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Wer vom Kapitalismus nicht reden will, sollte von Nachhaltigkeit schweigen

Warum wir mit „unserer Wirtschaft“ nie eine nachhaltige Gesellschaft erreichen werden

Vortrag und Diskussion mit Lothar Galow-Bergemann

Donnerstag, 10. November 2022, 19.00 Uhr, Erlangen

Zentrum Wiesengrund, Wöhrmühle 7, 91058 Erlangen

Eine Veranstaltung von Gruppe Antithese

Alle sind für Klimaschutz, aber die globale Erwärmung nimmt unaufhörlich zu. Alle sind für soziale Gerechtigkeit, aber Kinder- und Altersarmut wachsen. Alle wünschen sich mehr freie Zeit zum Leben, aber müssen immer mehr und länger arbeiten. Niemand will die Krise, aber keiner kriegt sie in den Griff. Wunsch und Wirklichkeit gehen so weit auseinander, weil das herrschende Wirtschaftssystem existentiellen Herausforderungen nicht gewachsen ist. Klima- und Coronakrise demonstrieren eindrücklich: Unendliches Wachstum ist ihm wichtiger als Mensch und Natur, maximaler Profit wichtiger als Gesundheit und Lebensqualität, steigende Aktienkurse wichtiger als das Leben künftiger Generationen.

Immer weniger Menschen glauben an den Kapitalismus und wissen, dass es „nicht so weitergehen“ kann. Aber der Ausstieg ist schwer. Solange unser Lebensunterhalt vom Verkauf unserer Arbeitskraft abhängt, sitzen wir in der Falle: Geht es nämlich nicht „so weiter“, ist unser Einkommen gefährdet, von dem wir leben.

Die Überwindung der Wirtschaftsweise, die uns in diese Sackgasse geführt hat, ist buchstäblich zu einer Frage des Überlebens geworden. Eine grundlegende Neuorientierung ist angesagt. Denn eine ökologisch und sozial nachhaltige Gesellschaft ist machbar.

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Computer Says No – Künstliche Intelligenz & Herrschaft

Vortrag und Diskussion mit Oscar Braunert

Donnerstag, 13. Oktober 2022, 19.30 Uhr, Stuttgart

Altes Feuerwehrhaus, Möhringer Str. 56, OG -Saal Raum 2

Gesichtserkennung, Proteine, Go, tanzende Roboter. Künstliche Intelligenz
hangelt sich von Höhepunkt zu Höhepunkt. Im Narrativ der Fortschrittsgläubigen
und Hurra-Optimistischen hat die mathematische Beschreibung der Welt nur eine
Richtung: nach vorne, aber mit Gewalt.

Gewalt hingegen ist es, was durch diese Beschreibungen ausgeführt, in ihnen
festgeschrieben und unter dem Deckmantel der vermeintlichen Neutralität
legitimiert wird. Längst sind viele Menschen im Alltag auf Gedeih und Verderb
den Algorithmen ausgeliefert: sie treiben Arbeiter*innen in der Logistik zu
neuen Höchstleistungen an, lehnen scheinbar willkürlich Kreditanträge ab und
helfen Verdächtige in den Knast zu bringen.

Was also ist ist ein Algorithmus wert, der die Herrschaft beschreibt? Was eine
Intelligenz, die nur das Gestern reproduzieren kann? Und was eine Gesellschaft,
die das Gestern zum Morgen machen möchte?

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Montagstalk »MEIN ÜBER:MORGEN«

Gesellschafts- und Wirtschaftsfragen

Fabienne Fecht im Gespräch mit Lothar Galow-Bergemann

Montag, 3. Oktober 2022, 18.00 Uhr, Esslingen/Neckar

Festivalzentrum Merkelpark, Pulverwiesen

im Rahmen des ÜBER:MORGEN- Festival der Kultur Region Stuttgart

Wirtschaften wir weiter so, als sei ewiges Wachstum möglich, untergraben wir unsere Lebensgrundlagen und haben zu wenig Zeit für wirklich Wichtiges. Radikale Arbeitszeitverkürzung und ein anderes Verständnis von Eigentum und gesellschaftlicher Teilhabe sind dringend erforderlich.

Fabienne Fecht ist Gewerkschaftssekretärin und promoviert derzeit an der Universität Freiburg in Allgemeiner und Vergleichender Literatur- und Kulturwissenschaft

Lothar Galow-Bergemann schreibt u.a. für Jungle World und Emanzipation und Frieden

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Radikal, Was sonst?

Proteste für Sozialpolitik und Klimaschutz müssen Druck auf die Regierung sowie Konzerne ausüben und den Rechten die Tour vermasseln.

Kommentar von Lothar Galow-Bergemann

erschienen in Jungle World 32/2022 vom 11. August 2022

Dass sich eine Krise von ungekannter Größenordnung zusammenbraut, pfeifen die sprichwörtlichen Spatzen von den Dächern. Angst vor Inflation, kalten Wohnungen, sinkendem Lebensstandard und Verlust des Arbeitsplatzes greift um sich. Sie fällt auf einen Nährboden, der seit Jahren gut bereitet wurde. Schon heutzutage sind dem Paritätischen Wohlfahrtsverband zufolge etwa 13,8 Millionen Menschen in Deutschland arm; sie haben weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung. Im nächsten Herbst und Winter dürfte so ziemlich alles zusammenkommen: Wut, Angst, Verzweiflung, Kriegsfurcht sowie Armut. Und die nächste Coronawelle steht auch noch an.

Angesichts dessen bietet die Ampelkoalition ein äußerst schlechtes Bild. Während große staatliche Ausgabenprogramme für Soziales und Klimaschutz nötig wären, hält sie das desaströse Regime der sogenannten Schuldenbremse hoch. Während die Profitraten von Energie- und Rüstungskonzernen in die Höhe schießen, kann sie sich noch nicht einmal auf eine Übergewinnsteuer einigen, mit der wenigstens einiges Dringendes zu refinanzieren wäre. Anstatt die gestiegenen Energiepreise mit staatlichen Zuschüssen an die Unternehmen zu begleiten, plant sie eine sogenannte Gasumlage, die den Endverbraucherinnen und -verbrauchern im Herbst exorbitante Rechnungen ins Haus flattern lassen und die verständliche Empörung weiter anheizen dürfte.

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Die ewig gleichen Rituale haben ausgedient. Stellen wir uns der Wirklichkeit – Rede zum 1. Mai 2022

von Lothar Galow-Bergemann

gehalten in Siegen

Wie sich Gesellschaft, Gewerkschaft, Friedensbewegung und Linke ändern müssen

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Fallstricke der Emanzipation

Autoritäres und Regressives in der Linken gestern und heute

Vortrag und Diskussion mit Lothar Galow-Bergemann

Donnerstag, 9. Juni 2022, 18.30 Uhr, Siegen

VORTEX Biergarten, Auf den Hütten 4, 57076 Siegen-Weidenau

Eine Veranstaltung von Antifa Café Siegen

Alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist. Besser lassen sich Anspruch und Programm menschlicher Emanzipation nicht auf den Punkt bringen. Wenn der Begriff Links Sinn hat, dann diesen. Oft sehen linke Theorie und Praxis jedoch ganz anders aus. Was längst überwunden sein sollte, lebt auch in vielen linken und linksradikalen Strukturen und Denkweisen fort: Die Herrschaft von Zwangsgemeinschaften und von Menschen über andere Menschen.

Das kann sich in Männlichkeitskult und sexistischem Verhalten äußern, in der Vorliebe fürs Agitieren statt fürs Argumentieren oder in der Vorstellung, antifaschistische Akteur*innen seien stets im Recht, was auch immer sie tun. Aber auch im Glauben, man sei zur „Führung der Arbeiterklasse“ berufen. Der Griff in die Mottenkiste staatssozialistischer Parteidiktaturen und Sympathie für autoritäre Führergestalten wie Lenin liegen da oft nahe. Der Glaube, „die Klasse und das Volk“ brauche eigentlich nur die richtigen Führer, korreliert zudem mit zwei ebenso absurden wie folgenreichen Fehleinschätzungen: Nationalsozialismus und Antisemitismus seien die Folge rechter Verführungskünste und bürgerlich-rechtsstaatliche Verhältnisse seien letztlich ebenfalls „faschistisch“.

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Wie groß muss die Krise noch werden, damit wir verstehen?

Wie sich Gesellschaft, Gewerkschaft, Friedensbewegung und Linke ändern müssen

von Lothar Galow-Bergemann

Rede auf der Kundgebung „Heraus zum Roten 1.Mai“ in Siegen, 1. Mai 2022

Was wir zur Zeit erleben, macht Angst. Eine Krise jagt die andere. Was wird aus der Welt? Was wird aus uns? Aber Angst ist ein schlechter Ratgeber. Man muss kühlen Kopf bewahren und die Dinge analysieren. Wir hier sind uns alle einig: Es braucht eine grundlegende gesellschaftliche und politische Wende, weltweit.

Aber in vielen wichtigen Fragen sind wir uns nicht einig. Ich möchte deswegen über ein paar Dinge in der Linken und in den Gewerkschaften sprechen, die aus meiner Sicht anders werden müssen. Versteht es als Diskussionsangebot. Und weil man das ja immer dazu sagen muss: Mit der Linken meine ich nur nebenbei die Partei gleichen Namens, ich meine die Linke als gesellschaftspolitische Strömung.

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Arbeit macht unfrei

Zum Zusammenhang von Arbeitsfetisch und Antisemitismus

Vortrag und Diskussion mit Lothar Galow-Bergemann

Donnerstag, 19. Mai 2022, 19 Uhr, Halle/Saale

Melanchthonianum, Hörsaal A, Universitätsplatz 9

Eine Veranstaltung von Alternatives Vorlesungsverzeichnis des Stura der Uni Halle

Wer streikt, macht zwei Erfahrungen: Dass es gut ist, sich zu wehren. Und dass, selbst wenn man erfolgreich war, danach doch alles irgendwie beim Alten bleibt. Dass wir lebenslänglich arbeiten-müssen-um-Geld-zu-verdienen-damit-wir-leben-können ist das ungeschriebene, aber höchste Gesetz der bürgerlichen Gesellschaft. Arbeit sei so etwas wie Natur, lautet der allgemeine Konsens. Wer etwas gegen sie hat, gilt als verrückt oder faul, meistens als beides.

Nicht immer wurde die Arbeit so überhöht wie heute. In der Antike hatte sie sogar einen ausgesprochen schlechten Ruf. Mit Beginn der Neuzeit jedoch erfuhr sie religiöse Weihen. Das protestantische Arbeitsethos stand an der Wiege des Kapitalismus. Das Bürgertum, die Arbeiterbewegung und der Nationalsozialismus haben die Arbeit förmlich verherrlicht.

Doch auch wenn es dem herrschenden Bewusstsein noch so uneinsichtig ist: Arbeit und nützliches/ sinnvolles/lustvolles Tätigsein sind zwei Paar Stiefel. Weiterlesen

Fallstricke der Emanzipation

Autoritäres und Regressives in der Linken gestern und heute

Vortrag und Diskussion mit Lothar Galow-Bergemann

Samstag, 28. Mai 2022, 16.00 Uhr, Mannheim

Jugendkulturzentrum forum, Neckarpromenade 46

Eine Veranstaltung im Rahmen der VI. Anarchistischen Buchmesse Mannheim

Alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist. Besser lassen sich Anspruch und Programm menschlicher Emanzipation nicht auf den Punkt bringen. Wenn der Begriff Links Sinn hat, dann diesen. Oft sehen linke Theorie und Praxis jedoch ganz anders aus. Was längst überwunden sein sollte, lebt auch in vielen linken und linksradikalen Strukturen und Denkweisen fort: Die Herrschaft von Zwangsgemeinschaften und von Menschen über andere Menschen.

Das kann sich in Männlichkeitskult und sexistischem Verhalten äußern, in der Vorliebe fürs Agitieren statt fürs Argumentieren oder in der Vorstellung, antifaschistische Akteur*innen seien stets im Recht, was auch immer sie tun. Aber auch im Glauben, man sei zur „Führung der Arbeiterklasse“ berufen. Der Griff in die Mottenkiste staatssozialistischer Parteidiktaturen und Sympathie für autoritäre Führergestalten wie Lenin liegen da oft nahe. Der Glaube, „die Klasse und das Volk“ brauche eigentlich nur die richtigen Führer, korreliert zudem mit zwei ebenso absurden wie folgenreichen Fehleinschätzungen: Nationalsozialismus und Antisemitismus seien die Folge rechter Verführungskünste und bürgerlich-rechtsstaatliche Verhältnisse seien letztlich ebenfalls „faschistisch“.

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Enough sweating!

by Lothar Galow-Bergemann

In a study worth reading, sociologist Steffen Liebig examines models of working time reduction from a social and ecological perspective

german version

[This article published on January 20, 2022 is translated from the German on the Internet.]
published in Jungle World, January 20, 2022

For decades, trade unions have made little progress in demanding a reduction of working hours. After the struggles of the 1980s over the 35-hour week, a leaden calm settled over the country for what felt like an eternity. The temporary introduction of a four-day week at VW between 1994 and 2006 gave rise to certain hopes, but these were soon abandoned. All in all, there was a threat of regression. Although hardly a trade union conference went by without a new standard for working hours being demanded in eloquent and well-founded terms, the results were not forthcoming. Those who for decades have only been able to make demands and move practically nothing are obviously in crisis. This shows the dwindling power of the trade unions under the conditions of global competition between locations and technologically driven productivity growth. Weiterlesen

Class struggle is too little

by Lothar Galow-Bergemann

german version

(This article published on January 23, 2020 is translated from the German on the Internet.] Published in Jungle World #4/2020, January 23, 2020.

Many leftists, who for decades focused on identity politics and forgot about the social question, are practicing self-criticism for good reason, because by doing so they left the interpretation of important social conflicts to liberals, conservatives and fascists. Even if some have lost sight of the working class – it exists and class struggles are necessary. But class struggle today can at best achieve makeshift and unstable successes for individual groups of the working class; it can no longer provide lasting answers to the social question. Because the constraints of capital exploitation block the solution of all decisive questions for the future, social struggles today must directly pose – theoretically as well as practically – the system question. And it is precisely here that the problems with the class struggle begin. The class interest of the working class has long since turned out to be the system-immanent interest of those who depend on the sale of their labor power. There is a lack of system-busting potential. Weiterlesen

Audio: Die modernen Wanderarbeiter*innen. Arbeitsmigrant*innen im Kampf um ihre Rechte.

Vortrag und Buchvorstellung von Stefan Dietl und Kathrin Birner

gehalten am 10. Februar 2022

Sie arbeiten in Schlachthöfen, in der Pflege, auf dem Bau, in der Logistikbranche oder der Landwirtschaft, aber auch im industriellen Sektor und ihre Ausbeutung bildet zunehmend die Grundlage des deutschen Exportmodells. Zeitlich befristete Arbeitsmigrant*innen, die regelmäßig für einige Wochen oder Monate ihre Heimat verlassen, um in Deutschland zu arbeiten.

Obwohl sie überall präsent sind und ohne sie die Produktion in zahlreichen Wirtschaftszweigen zum Erliegen kommen würde, bleiben sie doch meist gesellschaftlich unsichtbar. Gekennzeichnet ist die Arbeit dieser modernen Wanderarbeiter*innen durch lebensgefährliche Arbeitsbedingungen, systematischen Lohnraub und die Umgehung arbeitsrechtlicher Normen.

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Kampagne für die Superspreader

Rechtsextreme rufen zu einem »Impfstreik« auf

von Lothar Galow-Bergemann

erscheinen in Jungle World, 10. Februar 2022

Die rechte Pseudogewerkschaft Zentrum Automobil versucht, sich mit den Themen Impfen und Impfpflicht in weiteren Branchen zu etablieren, insbesondere im Gesundheitssektor.

Es ist kein Geheimnis, dass Nazis und Faschisten in Krisensituationen auf einen Unmutsausbruch der Massen spekulieren, der sie an die Macht spülen soll. Derzeit versuchen sie es mit dem Thema Impfen. Extrem rechte Akteure wie das Blog PI-News, das Magazin Compact, die Kleinstpartei „Freie Sachsen“ und die, so die Eigenbezeichnung, „alternative Gewerkschaft“ Zentrum Automobil e. V. haben die Kampagne „Impfstreik “ lanciert. Insbesondere die Pseudogewerkschaft sieht darin eine Chance, ihren Einfluss zu erweitern.

Ihr Vorsitzender Oliver Hilburger, in Nazikreisen als ehemaliger Leadgitarrist der Rechtsrockband „Noie Werte“ geschätzt, fabuliert gar von einem Generalstreik, der dafür sorgen müsse, „dass in der gesamten Gesellschaft die Mitte und die Normalität wieder Einzug erhält“. Sein Verein hat bereits Erfahrung darin, sich in Betrieben und Belegschaften zu verankern. Seit 2010 erobern die Rechtsextremen immer wieder Sitze in den Betriebsräten des Konzerns Daimler.

Da von März bis Mai dieses Jahres bundesweit sämtliche Betriebsräte neu gewählt werden, sehen die Rechtsextremen ihre Chance, sich in der aufgeheizten gesellschaftlichen Stimmung auch außerhalb der Automobilindustrie zu etablieren. Dafür werben sie offensiv Mitglieder „in allen Branchen“, sammeln Interessierte auf diversen Kanälen des Instant-Messaging-Diensts Telegram und bieten Hilfe bei Kandidaturen an. Dabei betreiben sie keine offen rechte Propaganda, sondern versuchen, durchgehend den Anschein zu erwecken, es gehe ihnen lediglich um „alternative Betriebsräte“. Zentraler Aufhänger ihrer Wahlkampagne ist die berufsbezogene Impfpflicht. Am meisten Zuspruch, behauptet Hilburger, erhalte er derzeit aus dem Gesundheitswesen.

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Genug geschwitzt!

Der Soziologe Steffen Liebig untersucht in einer lesenswerten Studie Modelle von Arbeitszeitverkürzung aus sozialer und ökologischer Perspektive

von Lothar Galow-Bergemann

english translation

erschienen in Jungle World, 20. Januar 2022

Bei der Forderung nach Arbeitszeitverkürzung kommen die Gewerkschaften seit Jahrzehnten kaum voran. Nach den Kämpfen der achtziger Jahre um die 35-Stunden-Woche legte sich in dieser Frage eine gefühlte Ewigkeit lang bleierne Ruhe über das Land. Mit der vorübergehenden Einführung der Viertagewoche bei VW zwischen 1994 und 2006 verbanden sich gewisse Hoffnungen, die aber bald wieder aufgegeben werden mussten. Alles in allem drohten also eher Rückschritte. Zwar verging kaum ein Gewerkschaftstag, ohne dass wortreich und gut begründet ein neuer Arbeitszeitstandard verlangt worden wäre, die Ergebnisse aber blieben aus. Wer jahrzehntelang nur fordert und praktisch nichts bewegen kann, steckt offenkundig in der Krise. Darin zeigt sich die schwindende Macht der Gewerkschaften unter den Bedingungen globaler Standortkonkurrenz und technologisch bedingtem Produktivitätszuwachses.

Dabei könnte die gesteigerte Effizienz eigentlich für radikale Arbeitszeitverkürzungen genutzt werden. Funktionierte „die Wirtschaft“ nach vernünftigen Regeln, würde sie nicht aus endlich überflüssiger werdender Arbeit „überflüssige“ Menschen machen. Doch das herrschende Wirtschaftssystem erzeugt umgehend handfeste Krisen, wenn es nicht permanent wachsen und Profite generieren kann. Tut es das aber weiterhin, so stürzt es die Welt erst recht in die Krise. Nirgends wird dieses Dilemma deutlicher als im Umgang mit der globalen Erderwärmung. Weiterlesen

Audio: Fallstricke der Emanzipation

Autoritäres und Regressives in der Linken gestern und heute

Vortrag von Lothar Galow-Bergemann

gehalten am 30. November 2021

Alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist. Besser lassen sich Anspruch und Programm menschlicher Emanzipation nicht auf den Punkt bringen. Wenn der Begriff Links Sinn hat, dann diesen. Oft sehen linke Theorie und Praxis jedoch ganz anders aus. Was längst überwunden sein sollte, lebt auch in vielen linken und linksradikalen Strukturen und Denkweisen fort: Die Herrschaft von Zwangsgemeinschaften und von Menschen über andere Menschen.

Das kann sich in Männlichkeitskult und sexistischem Verhalten äußern, in der Vorliebe fürs Agitieren statt fürs Argumentieren oder in der Vorstellung, antifaschistische Akteur*innen seien stets im Recht, was auch immer sie tun. Aber auch im Glauben, man sei zur „Führung der Arbeiterklasse“ berufen. Der Griff in die Mottenkiste staatssozialistischer Parteidiktaturen und Sympathie für autoritäre Führergestalten wie Lenin liegen da oft nahe. Der Glaube, „die Klasse und das Volk“ brauche eigentlich nur die richtigen Führer, korreliert zudem mit zwei ebenso absurden wie folgenreichen Fehleinschätzungen: Nationalsozialismus und Antisemitismus seien die Folge rechter Verführungskünste und bürgerlich-rechtsstaatliche Verhältnisse seien letztlich ebenfalls „faschistisch“.

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Die modernen Wanderarbeiter*innen. Arbeitsmigrant*innen im Kampf um ihre Rechte.

Buchvorstellung und Diskussion mit Stefan Dietl und Kathrin Birner

Donnerstag, 10. Februar 2022, 19.30 Uhr, Online

Eine Kooperation von Laboratorium und Emanzipation und Frieden

  • Der Vortrag ist mittlerweile HIER nachzuhören

Sie arbeiten in Schlachthöfen, in der Pflege, auf dem Bau, in der Logistikbranche oder der Landwirtschaft, aber auch im industriellen Sektor und ihre Ausbeutung bildet zunehmend die Grundlage des deutschen Exportmodells. Zeitlich befristete Arbeitsmigrant*innen, die regelmäßig für einige Wochen oder Monate ihre Heimat verlassen, um in Deutschland zu arbeiten.

Obwohl sie überall präsent sind und ohne sie die Produktion in zahlreichen Wirtschaftszweigen zum Erliegen kommen würde, bleiben sie doch meist gesellschaftlich unsichtbar. Gekennzeichnet ist die Arbeit dieser modernen Wanderarbeiter*innen durch lebensgefährliche Arbeitsbedingungen, systematischen Lohnraub und die Umgehung arbeitsrechtlicher Normen.

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