„ISIS“ – Die „religiöse Interpretation“ des postmodernen Terrors

Vom Islamismus des 20. Jahrhunderts zum Jihadismus

Vortrag und Diskussion mit Hannes Bode

Montag, 15. Dezember 2014, 20 Uhr, Stuttgart
Buchtreff: Büchergilde, Charlottenstraße 1, Stuttgart

Gebannt schaut man allerorten auf schwarze Flaggen, Bärte und Macheten, auf Geländefahrzeuge im Wüstensand und erhobene Zeigefinger – der „Islamische Staat“ in Irak und Syrien ist in aller Munde. Was Deutschland angeht, wird zudem über ominöse Salafisten debattiert, während die sogenannte „Islamkritik“ Hochkonjunktur feiert. Doch das nur sporadisch aufflackernde Medieninteresse und die aufgeregten Debatten seit den Terroranschlägen vom 11. September und den Kriegen in Afghanistan und im Irak beruhen nicht auf Sachkenntnis, Analysen und Kritik. Historische und aktuelle  Phänomene, Muslimbrüder und Al-Qaida, ‚sunnitischer‘ und ‚schiitischer‘ Islamismus werden wild durcheinandergeworfen und assoziiert. Geht es um Antisemitismus und Misogynie, zitiert man Koranverse und nicht sozialgeschichtliche, sozialpsychologische und politische Studien.
Doch die aktuellen Zustände etwa in Syrien haben ebenso wie die verschiedenen Ausprägungen der islamistischen Ideologie im Allgemeinen weniger mit „Tradition“ und „Religion“, als mit modernen gesellschaftlichen Verhältnissen zu tun, mit Transformationen in der Peripherie und auch im Zentrum des globalen Kapitalismus. Der Islamismus als Krisenbewältigungsideologie, Kollektivierung und Ressentiment
verhelfen hier dem vereinzelten, verlorenen und ohnmächtigen Subjekt zu Kontingenzbewältigung und Identität, das Terrorracket bietet Triebabfuhr.
Im Vortrag soll der Blick auf die idealtypischen Phasen des „klassischen“ Islamismus, des Qutbismus und des post-qutbistischen Jihadismus geworfen werden, eingebettet in die Gesellschaftsgeschichte des Nahen Ostens. Dabei sollen zum einen die Funktion und semantische Struktur des modernen Antisemitismus in der Region – in Ägypten oder im Iran – als auch zentrale Unterschiede zwischen verschiedenen, oft schlicht unter dem Label „Islamismus“ subsummierten Strömungen und Strukturen herausgearbeitet werden.

Hannes Bode ist Islamwissenschaftler und Historiker und arbeitet als freier Referent und Autor zur Zeitgeschichte des Nahen Ostens und zum Islamismus. Er schreibt für iz3w, Jungle World, AIB etc.

Eine Veranstaltung von Contain’t und Emanzipation und Frieden