Warum sie stattfindet und was ihr entgegenzusetzen ist
Vortrag von Peter Samol
Ein Dach über dem Kopf ist ein menschliches Grundbedürfnis. Aber bezahlbaren Wohnraum zu finden, ist für Gering- und Normalverdiener*innen in Ballungszentren wie Berlin, Frankfurt, Hamburg und in vielen anderen anderen großen Städten zu einem gravierenden Problem geworden. Seit Jahren folgen die Preise am Immobilienmarkt einem ungebrochenen Aufwärtstrend. Mittlerweile geht dieser sogar auf die mittelgroßen Städte über.
Immobilien haben in der Warenwelt eine Sonderstellung inne: Sie sind zugleich Anlageobjekte und lebenswichtige Gebrauchsgüter. Diese Kombination findet sich bei keiner anderen Ware. Während hohe Preise für typische andere Anlageobjekte – etwa Aktien, Gold oder neuerdings auch Kryptowährungen – niemanden stören, die nicht in sie investiert, haben hohe Immobilienpreise gravierende Folgen für Normal- und Geringverdiener*innen, die auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen sind.
Wie ist es dazu gekommen? Alles fing mit den enormen Geldmengen an, die in den letzten beiden Jahrzehnten wiederholt zur Krisenbekämpfung in die Welt gesetzt wurden. Dieses Geld sucht ständig nach attraktiven Anlagemöglichkeiten. Aber Aktien, Gold und Co. sind mittlerweile überbewertet und daher nicht mehr besonders attraktiv. Daher drängt das Geld massenhaft in den Immobiliensektor und treibt hier speziell die Bodenpreise in ungeahnte Höhen. Das wiederum macht den Bau von bezahlbarem Wohnraum betriebswirtschaftlich uninteressant. Geboten ist für die Wohnungsunternehmen vielmehr die Errichtung von Wohnungen für Vermögende, um mit den Miet- bzw. Verkaufseinnahmen die Anschaffungspreise für das Bauland wieder herein zu holen.
Was ist angesichts dieser Lage zu tun? Ein bundesweiter Mietendeckel wäre eine kurzfristige Lösung. Langfristig sollte aber der Boden dem Markt entzogen werden, denn er ist der Haupttreiber der Immobilienkosten. Stattdessen sollte Bauland vom Staat in Erbpacht vergeben werden. Ferner wäre zu überlegen, ob Wohnraum nicht in erster Linie durch Genossenschaften, zweckgebundene Stiftungen und andere gemeinnützige Träger verwaltet werden sollte.
Dr. Peter Samol ist Soziologe und freier Journalist. Schreibt Bücher und für die Wochenzeitung „Jungle World“ sowie für die Zeitschriften „Streifzüge“ (Wien) und „Krisis“ (Nürnberg). Wohnt mit seiner Familie in Herford/NRW zur Miete.