Was ist Antiamerikanismus?

Anmerkungen zur grassierenden Selbstgerechtigkeit

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Als 2008 der Präsidentschaftswahlkampf in den USA auf seinem Höhepunkt war, hätte man den Eindruck gewinnen können, es gehe angesichts der guten Chancen Obamas, die sich später realisiert haben, aufwärts mit dem „deutsch-amerikanischen Verhältnis“. Obama erschien als Anti-Bush, als ein Europäer im Weißen Haus, der nun endlich eine bessere, „europäischere“ Politik machen würde. Darunter verstand man grob: weniger Krieg gegen den Terror, mehr Moral, mehr Kultur, mehr „Einpassung“ in die Staaten-„Gemeinschaft“, mehr Rücksicht auf die „Völker“ der Erde. Denn irgendwie schien ja klar: Man hasst nicht Amerika [1], sondern nur amerikanische Politik.

Genau diese Gleichsetzung von „besser“ und „europäisch“ verweist jedoch darauf, dass die verbreitete und vermeintlich „kritische“ Haltung gegenüber Amerika und die tiefe Abneigung gegen etwa Fast Food, Denver Clan und die „Amerikanisierung“ eben nicht eine konkrete, reflektive Auseinandersetzung mit amerikanischer Politik und Gesellschaft ist. Vielmehr offenbart die Opposition gegen Amerika, beziehungsweise gegen das, was ihr als amerikanisch gilt, in weiten Teilen einen fundamentalen Widerspruch zwischen europäischem und im Grunde reaktionärem Dünkel und dem „Amerikanischen Traum“.

Was die Amis den Deutschen angetan haben

Als die Kulturnation Deutschland 1933 Bücher verbrennen ließ, fanden das Bauhaus oder das Frankfurter Institut für Sozialforschung Aufnahme in den USA. Die deutschen Volksgenoss_innen [2] provozierte das zu Wutanfällen. Nach 1945 gab es für Deutsche einen (scheinbar) konkreten Grund, Amerika zu hassen. Hatten doch die USA relativ spät, dafür aber umso wirkungsvoller und entschlossener daran mitgetan, ein großes deutsches Projekt in Scherben zu zerhauen. Dieses – mit Inbrunst verfolgt – umfasste vornehmlich die Vernichtung der Juden, die Versklavung „Minderwertiger“ und die Vorherrschaft des wahnhaften deutschen Wesens zuungunsten der Personen, in denen der Volksgemeinschaft Undeutsches personifiziert erschien. Der Sieg der Alliierten, unter denen die USA eine wichtige Rolle spielten, scheint bis heute unterschwellig als Demütigung erfahren zu werden. Gerade auch sich als links verstehende Menschen leiden unter der Vorstellung, man sei von einer „imperialistischen“ Macht „amerikanisiert“ und umerzogen worden. So wird der Einsatz der USA im Kampf gegen Deutschland im 2. Weltkrieg umgedeutet zu einem Beleg dafür, wie verkommen Amerika und die Amerikaner*innen seien. Das von der DDR in plumpem antiwestlichem Antiimperialismus am Beispiel Dresdens vorexerzierte und vom „wiedervereinigten Deutschland“ nur allzu gern weiter gepflegte Gejammer über die – von niemand als den Deutschen selbst provozierten – Bombennächte legt beredtes Zeugnis davon ab. Doch was, wenn nicht der Krieg gegen das größenwahnsinnige Tausendjährige Reich, ist zutiefst antiimperialistisch? Wenn es je einen Krieg gegeben haben sollte, für den das Attribut „gerecht“ überhaupt in Frage kommt, dann genau derjenige, an dessen Ende die Niederwerfung der in nationalsozialistischer Raserei begriffenen Deutschen stand.

Völker und Gemeinschaften contra Individuum

Es geht im Antiamerikanismus aber nicht nur um einen seltsam verqueren „Antiimperialismus“. Vielmehr handelt es sich um ein Bauchgefühl, aus dem heraus man speziell hierzulande sich stolz wie einen Orden anheftet, antiamerikanisch zu sein (wie z. B. Volker Pispers, der Studienrat gewordene Mario Barth). Darin zeigt sich auch ein letztlich ideologischer Gegensatz, der im kulturell und moralisch selbstgenügsamen Europa schon lange vor 1945, ja lange vor 1933 für ein Überlegenheitsgefühl sorgte. Als die Vereinigten Staaten von Amerika entstanden, und noch weit ins 19. Jahrhundert hinein, blickte man in Europa, besonders aber in Deutschland, noch spöttisch auf Amerika herab, ein bisschen gekränkt davon, dass Millionen von Einwohnerinnen Europas die drückende Heimat verließen, mit der man selbst so verwachsen war. Die Auswanderer lösten sich von traditionellen, „organischen“ Kollektiven, Werten und Normen und wurden der heiligen Scholle abtrünnig, auf der sie bisher ihr im Feudalismus (und im Falle Deutschlands auch: in gescheiterten demokratischen Revolten) festgeschriebenes und unveränderliches Dasein gefristet hatten. Sie suchten anderswo ein besseres, schöneres und freieres Leben. Mit dem Ziel und konkreten Versuch, anderswo neu zu beginnen und in individuellen Eigenheiten und Präferenzen in Frieden gelassen zu werden. Genau dieses Streben, pursuit of happiness, wird in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1776 zu einem zentralen Kristallisationspunkt dessen, worum es in der Loslösung vom britischen Empire ging, mehr noch: es wird als fundamentales Recht des Individuums geradezu sakraler Bestandteil des Gründungsmythos der Vereinigten Staaten, des Amerikanischen Traums. Natürlich ist das Recht zum Streben nach Glück nicht das garantierte Recht auf Glück – die Aussicht auf tatsächliches schönes und glückliches Leben bleibt selbstverständlich in der Warengesellschaft immer noch notwendig falsche Hoffnung, egal ob in den Vereinigten Staaten oder anderswo. Ja, 1776 galten nur männliche Weiße als Individuen, denen das Recht auf pursuit of happiness zukam (wohlgemerkt zu einer Zeit, in der in Europa die allerwenigsten überhaupt vage ahnten, was das überhaupt sein sollte, ein Individuum und seine Freiheit). Doch die dieser Vorstellung vom Individuum und seiner Freiheit inhärente Dynamik erweitert den Kreis derer, die sie einbezieht, seit 200 Jahren stetig und verlässlich: individuelle Freiheit ist bei aller Imperfektion und logischer Begrenzung durch den Zwang zur Selbstverwertung in der warenproduzierenden Gesellschaft wohl in der Geschichte nirgends so weit verwirklicht worden wie in den USA. Und bevor man anklagend sich darüber empört, dass Obamas Wahl „doch nur hinwegtäusche“ über Rassismus und strukturelle Ungleichheiten in den USA, möge man sich Rechenschaft darüber ablegen, ob man sich über den „Verschleierungseffekt“ einer deutschen Kanzlerin und eines vietnamesisch ausschauenden (ehemaligen) deutschen Vizekanzlers ebenso echauffieren würde. Oder verweisen diese Beispiele nicht gerade auf die Ausstrahlungskraft des amerikanischen Traums – mitunter gar bis in selbstgerechte mitteleuropäische Gefilde hinein?

Denn die Unabhängigkeitserklärung von 1776 schrieb erstmals in der Geschichte das Glücksstreben nicht der Völker und Gemeinschaften, sondern des Individuums als legitim fest, ja erhebt es gar zum Selbstzweck. Bis heute ist dieser Grundsatz zentral und wirkt in sämtlichen Bereichen der US-amerikanischen Gesellschaft fort. In diesem Sinn steht Amerika für das emanzipatorische Versprechen von Aufklärung und Moderne (wenngleich selbstverständlich nicht seiner Einlösung): für die Befreiung des Individuums von der Geiselnahme durch ein Kollektiv, für die Diskreditierung des Anspruchs an ein Individuum, seine Interessen und Bedürfnisse denen einer realen oder imaginierten Gemeinschaft regelmäßig unterzuordnen. Der „Amerikanismus“ als Idee widerspricht somit fundamental der abergläubischen Idee eines „Volkes“, wie sie in Deutschland zum Motor der Vernichtung von „Volksschädlingen“ wurde, der Unterwerfung unter und im Zweifel Selbstopferung für ein großes Ganzes, der irrationalen und zwanghaften Bindung an Blut und Boden. Historisch und analytisch ist es zu großen Teilen eben jener Widerspruch, der den europäischen Antiamerikanismus zur Weißglut treibt und es ihm als geboten erscheinen lässt, kein gutes Haar an den USA zu lassen.

Wir sind die Guten

Auch heute noch geht es dem Antiamerikanismus maßgeblich nicht darum, was konkret „die Amerikanerinnen“ tun, sondern darum, wofür Amerika steht. In der Opposition dagegen gerät man ideologisch schnell in Fahrwasser, derer man sich sehr klar sein sollte. Zwei Beispiele illustrieren das.

In der Debatte um „Heuschrecken“ – also US-amerikanische Kapitalinvestoren – wird dem „angelsächsischen Kapitalismus“ häufig ein „rheinischer Kapitalismus“ gegenübergestellt, der vermeintlich „sozialer“ und „moralischer“ sei. Doch ob man zur Lohnarbeit in einem von amerikanischen Finanzbanker_innen gekauften Unternehmen oder beim volksgemeinschaftlich organisierten mittelständischen Ramschhersteller Trigema gezwungen ist, über die ein ultranationalistischer und reaktionärer Unternehmer autokratisch herrscht, macht am Ende keinen Unterschied. Und ob man im Falle des Bankrotts der einen oder der anderen Wertverwertungsunternehmung erwerbslos ist, auch nicht. Global Players verdeutlichen, dass der Zwang zur Selbstausbeutung, zur optimalen Vermarktung der eigenen Arbeitskraft und zur täglichen Hinnahme der damit verbundenen Zumutungen keine Nationalität hat. „Wenigstens das“, ist man fast versucht zu sagen – denn ihre „Verzierung“ mit allerlei nationalistischer, regionalistischer und Gemeinschaftsideologie macht die kapitalistischen Zumutungen noch unsympathischer als sie eh schon sind. Dennoch erscheint die Regionalität, das Gerede von der Gemeinschaft oder gar Familie, oder die Tatsache, dass irgendwer im Management doch „von hier ist“, als besonders attraktives Merkmal der viel beschworenen mittelständischen Unternehmen. Unter solchen provinziellen und rückwärtsgewandt feudalistisch müffelnden Umständen scheint man eher gewillt, um der „Gemeinschaft“ willen in einer Klamottenklitsche auf der schwäbischen Alb zu schuften, engere Gürtel zu schnallen, sich der drückenden Provinzialität und personalen Abhängigkeit zu unterwerfen und im Zweifel mit ihr unterzugehen, als wenn es sich um ein Unternehmen mit Sitz in den USA handelt oder eines, das maßgeblich mit Kapital eines US-amerikanischen Finanzunternehmens wirtschaftet.

In aller Regel kann das antiamerikanische Ressentiment in Deutschland und Europa glücklicherweise noch nicht so, wie es gerne möchte – zu stark sind die USA politisch, wirtschaftlich und militärisch, als dass man sich ernsthaft anlegen möchte mit der Weltmacht. Dass aber das Ressentiment sehr wohl feindselig und bösartig sein kann, zeigt das zweite Beispiel.

Nach dem 11. September 2001 badeten nicht wenige Deutsche, und vor allem auch Linke, in klammheimlicher Freude über die Anschläge auf das World Trade Center, bei dem wissentlich 3000 Menschen umgebracht wurden. Man hatte stellenweise für diese Opfer und ihre Angehörigen noch nicht mal soviel Mitgefühl übrig, um sich ein „Das geschieht den Amis gerade recht, selber schuld“ verkneifen zu können. (Die in diesem Fall gezeigte Gleichgültigkeit ist übrigens auch in anderen Fällen zu beobachten: Ruanda, Iran, Syrien … alles, was man beim besten Willen nicht den USA – oder Israel – anhängen kann, lässt viele Deutsche bemerkenswert kalt.)

Zehn Jahre später wurde der Urheber dieses Attentats und eine zentrale Figur des globalen Jihad gegen alle, die sich einer bestimmten Vorstellung von Gottesherrschaft nicht unterwerfen wollen, von einer Spezialeinheit der US Navy getötet. In den folgenden Tagen und Wochen erhob sich ein lautes Wehklagen, das etwas Böses, Unmoralisches, Rücksichtsloses am „Charakter“ der USA zu erkennen vermeinte. Man warf sich in eine moralische Pose und wandte sich angeekelt ab von den triumphierenden USA, die „wieder einmal“ einfach das Recht in ihre Hand genommen und mit der Tötung eines Menschen, ja eines Familienvaters, ein „primitives Rachebedürfnis“ gestillt hätten. Die Asymmetrie der Betroffenheit über die Ermordung eines Massenmörders einerseits und die Ermordung tausender unschuldiger Zivilisten andererseits mag zunächst verblüffen. Aber der Hass auf Amerika ist so stark, dass es der Antiamerikanerin und dem Antiamerikaner offensichtlich gar nicht so unrecht ist, wenn US-amerikanische Staatsbürger*innen ermordet werden. Gleichzeitig nehmen sie nur zu gerne die Gelegenheit wahr, sich angesichts der gezielten Tötung bin Ladens über „die Amerikaner“ zu erheben. Mit erhobenem Zeigefinger fordern sie Moral ein, während sie jihadistische Terroristen – die sie nicht selten fast schon sympathisierend zu einer Art „Rächer der Enterbten“ verniedlichen – nie und nimmer mit solch Anspruch konfrontieren mögen. Eine Moral übrigens, die sie mitunter noch nicht einmal selber haben: Denn wie anders ist es zu erklären, dass bei so manchen – sich besonders links und fortschrittlich dünkenden – Leuten die klammheimliche Freude in Sachen Schleyer und Buback munter fortlebt, während sie sich in Sachen bin Laden und anderen getöteten Jihadisten partout nicht einstellen will?

Der Hass auf das Kosmopolitische

Die „Künstlichkeit“, die der US-amerikanischen Gesellschaft immer wieder vorgehalten wird, findet ihren höchsten Ausdruck in der ausschließlich ressentimentbasierten Behauptung, „Die Amis haben keine Kultur“. Sie verweist auf die Verwandtschaft des Antiamerikanismus mit dem Antizionismus und damit auch mit dem Antisemitismus. Eine strikte Gleichsetzung dieser Ressentiments und Erscheinungsformen würde ihnen selbstverständlich nicht gerecht. Dennoch lassen sich fundamentale Gemeinsamkeiten der Feindschaften gegen die beiden „künstlichen“ Staaten USA und Israel feststellen. US-Amerikanerin kann grundsätzlich jeder und jede werden, die Vereinigten Staaten haben kein ethnisch homogenes und „gewachsenes“ Staats-„Volk“, für die Staatsangehörigkeit ist vollkommen irrelevant, welches „Blut“ man mitbringt. Dies ist seit über zweihundert Jahren so, in Deutschland beispielsweise konnte man sich erst in letzter Zeit zu einer halbherzigen Reform des Staatsangehörigkeitsrechts durchringen, das sich immer noch nicht so recht davon lösen kann, dass eine reinrassige deutsche Urgroßmutter mehr Punkte auf dem Deutschheitskonto zählen soll als die Tatsache, dass jemand schon immer auf dem Staatsgebiet lebt, die Sprache spricht, Bildungsinländer ist und bis auf seine Hautfarbe oder „Herkunftskultur“ (von der er oder sie womöglich keinen blassen Dunst hat) nicht von gleichaltrigen „Volks“-Genossinnen zu unterscheiden ist. Die Konstruktion von biologischer, organischer „Deutschheit“ und damit im Grunde Volkszugehörigkeit ist noch weit davon entfernt, so erodiert zu werden wie in den USA.

Als Beleg für die „Kulturlosigkeit der Amerikaner*innen“ wird beispielsweise gerne angeführt, dass es in Amerika billige Popmusik, Hamburger, und Coca-Cola gebe, in Deutschland aber Beethoven, Goethe, und Schloss Neuschwanstein. Der Vergleich ist natürlich so gezinkt, dass Deutschland dabei (scheinbar) „besser“ wegkommt. Tatsächlich geht der richtige Vergleich nicht mehr so günstig aus: Radiopop, Hamburger und Coca-Cola müssen dem Musikantenstadl, Nordsee- Fischbrötchen und Capri-Sonne gegenüber gestellt werden. Und selbstverständlich muss man Beethoven, Goethe und Schloss Neuschwanstein amerikanische Ikonen wie George Gershwin, Mark Twain, und das Empire State Building entgegenhalten. Dann schneidet Amerika schon „gar nicht mehr so schlecht“ ab.

Israel unterscheidet sich mit seiner Schutzfunktion gegenüber antisemitischem Vernichtungswahn, mit seinem Versprechen, jede Jüdin und jeden Juden dieser Welt als StaatsbürgerIn aufzunehmen, von allen anderen Staaten. In seinem Selbstverständnis, dass es vollkommen unerheblich sei, ob das „Blut“ schon immer auf irgendeine abstruse Art „organisch“ oder „natürlich“ mit dem Boden des Staates Israel verbunden war, schwingt ein Kosmopolitismus mit, vor dem es dem antizionistischen wie dem antiamerikanischen Ressentiment gleichermaßen graust: Israel und die USA werden als Gesellschaften der „Wurzellosen und Volksfremden“ wahrgenommen, die „eigentlich“ gar nicht in die Welt passen. Beide Ressentiments kommen zwar selten als offene Blut- und Boden-Ideologie daher, wenden sich am Ende aber doch gegen diejenigen, die nicht auf ihrer Scholle verwurzelt bleiben. Sowohl die USA als auch Israel sind prominente Antithesen zur Verherrlichung gewachsener, als organisch halluzinierter „Volks“-Gemeinschaften und genau dafür werden sie gehasst.

Ein reaktionäres Vorurteil

Am Ende geht es dem Antiamerikanismus nicht darum, was Amerika tut, sondern darum, es dafür zu verdammen, was es ist, wofür es steht. Das (natürlich auch in den USA tatsächlich nie realisierte, aber doch wenigstens affirmierte) freie Individuum, dem es um nichts zu tun ist als um sein Glück, und dem bei der Verfolgung dieses Glücks sehr wohl gestattet, ja sogar geboten ist, sich seiner Herkunft, seiner sozialen Schicht und anderer kollektiver Zwänge zu entledigen, ist dem Antiamerikanismus ein Affront. Deshalb ist es auch egal, wer gerade Präsidentin ist, welche Mittel Amerika wählt oder welche Zielsetzungen es mit welchen Motiven auf welche Art und Weise verfolgt – Amerika wird verdammt, wenn es etwas tut, und es wird verdammt, wenn es das nicht tut. Denn das Gerede davon, was an den USA so kritikwürdig sei, verdeckt nur notgedrungen, worum es geht: die Ablehnung der Moderne, der Aufklärung, der Befreiung des Individuums, ja sogar schon der Idee dieser Befreiung. Insofern ist der Antiamerikanismus ein ordinäres Ressentiment, das mit Amerika selbst wenig, mit den Gefühlen und Projektionen seiner Verächter*innen aber alles zu tun hat. Gerade Menschen, die sich als fortschrittlich (oder links) verstehen, widersprechen ihrem eigenen gesellschaftskritischen Anspruch, wenn sie keine Kritik an wesentlichen Verhältnissen betreiben, sondern eine Verteufelung von an der Oberfläche exponierten Einzelnen wie Amerika.

[1] Obwohl dies begrifflich nicht ganz korrekt ist, sind im gegenwärtigen Zusammenhang der Lesbarkeit halber mit „Amerika“ immer die Vereinigten Staaten von Amerika gemeint.

[2] Wir verwenden bewusst mehrere geschlechtliche Formen. Gemeint sind immer alle Geschlechter. Siehe dazu auch Gendern?

Literatur:

Dan Diner: Feindbild Amerika. Über die Beständigkeit eines Ressentiments. Propyläen. ISBN 9783549071748.
Ruth Hatlapa & Andrei S. Markovits: Obamamania and Anti-Americanism as Complementary Concepts in Contemporary German Discourse. German Politics and Society, 94 (28), 2010. http://www.andymarkovits.com/docs/GPS-OBAMAMANIA.pdf
Andrei S. Markovits: Amerika, dich haßt sich’s besser. Konkret texte 40. ISBN 9783930786459.

 

Siehe zum Thema auch die Flugschriften:

Danke, liebe Amis. Und bleibt bitte nochmal 70 Jahre.

Was ist regressiver Antikapitalismus? Anmerkungen zum Unterschied zwischen Kapitalisten – und Kapitalismuskritik

Was ist Antisemitismus? Anmerkungen zur Wahnwelt des vernichtungsorientierten Antikapitalismus

Was ist Antizionismus? Anmerkungen zum Hass auf den Juden unter den Staaten

Was ist Antiimperialismus? Anmerkungen zum Niedergang der Linken

 

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Eine Flugschrift von Emanzipation und Frieden. Antikapitalismus 2.0
2. überarbeitete Auflage Dezember 2015

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Lesen Sie die Flugschrift hier im Layout: Was ist Antiamerikanismus?