Audio: Feierabend! Warum die Arbeitsgesellschaft an ihre Grenzen stößt.

Vortrag von Norbert Trenkle

gehalten am 28.November 2018 bei ver.di Stuttgart

Obwohl die Produktivität im Produktionssektor geradezu sprunghaft angewachsen ist, arbeiten wir heute nicht kürzer, sondern länger und härter als vor dreißig Jahren. Die Leistung wurde extrem verdichtet und die Arbeit ergreift zunehmend die gesamte Lebenszeit, während gleichzeitig in großen Teilen der Welt immer mehr Menschen „überflüssig“ gemacht werden. Das ist der absurde Effekt einer Produktionsweise, in der die Arbeit ein bloßes Mittel ist, um den Kreislauf der Kapitalverwertung in Gang zu halten. Gleichzeitig hat aber das breitflächige Überflüssigmachen von Arbeitskraft eben diese kapitalistische Produktionsweise in eine tiefe Krise gestürzt, die nur durch die permanente Aufblähung der Finanzmärkte aufgeschoben werden kann. Doch das ist keine gute Nachricht. Denn da die meisten Menschen darauf angewiesen sind, ihre Arbeitskraft zu verkaufen, um zu überleben, wird die Konkurrenz um die verbliebenen Arbeitsplätze und „Wirtschaftsstandorte“ immer erbitterter geführt. Diese Entwicklung birgt enormen Sprengstoff. Die soziale Spaltung spitzt sich immer weiter zu, rassistische Hetze und Ausgrenzung greifen um sich und der Nationalismus erlebt eine unheimliche Renaissance. Doch: es gibt keinen Weg zurück in die Arbeitsgesellschaft und den Nationalstaat der 1960er Jahre, wie es nicht nur die Rechten, sondern auch Teile der Linken versprechen. Die kapitalistische Dynamik lässt sich nicht mehr zurückdrehen – auch wenn sie selbst keine lebbare Perspektive mehr bieten kann. Was vielmehr ansteht, ist eine grundlegende Transformation der gesellschaftlichen Reichtumsproduktion.

Norbert Trenkle ist freier Autor und Mitherausgeber der gesellschaftheoretischen Zeitschrift Krisis – Beiträge zur Kritik der Warengesellschaft. Mitautor des Buches „Die große Entwertung“ (Unrast-Verlag, Münster 2012)