Widersprüche

Was kann Science Fiction heute leisten?

Marcus Hammerschmitt versucht sich an ein paar Antworten und liest aus einem unveröffentlichten Romanmanuskript.

Donnerstag, 28. Februar 2019, 19.30 Uhr, Stuttgart                                                      Stiftung Geißstraße 7

– Der Vortrag ist mittlerweile HIER nachzuhören –

An der Science Fiction zerren derzeit verschiedene ideologische, kulturelle und stilistische Kräfte, und viele Autorinnen und Autoren schwanken zwischen widersprüchlichen Befindlichkeiten. Sie staunen darüber, dass die Realität mit Vorliebe die dümmsten und gefährlichsten SF-Ideen der Vergangenheit zu verwirklichen scheint. Auf diese Weise von der Wirklichkeit überholt zu werden, hat die Science Fiction kalt erwischt. Aber gleichzeitig wird die Utopie wieder attraktiver. All das Schreckliche, was uns umgibt und was man sich noch ausdenken kann, bringt auch Chancen mit, wie sie die Science Fiction lange nicht zu träumen wagte – im medizinischen, technologischen, sogar im gesellschaftlichen Bereich. Die Abschaffung der Lohnarbeit ist diskutabel geworden. Das Ende der Malaria scheint in Griffweite gerückt zu sein. Zusammen mit der Gefahr des ungebremsten Untergangs steht plötzlich wieder die Machbarkeit des Paradieses auf der Tagesordnung – wenn auch die Veteranen der SF über manchen naiven Plan nur den Kopf schütteln können. Aber das Genre ist auch gut mit sich selbst beschäftigt: Science Fiction aus Afrika tritt auf den Plan (z.B. Nnedi Okorafor), SF von chinesischen oder chinesischstämmigen Autoren (Cixin Liu, Ken Liu, Ted Chiang) ist schon länger präsent – neue Stimmen sprechen und sie sagen nicht alle dasselbe. Reaktionäre in der Science Fiction? Hat es immer gegeben, und nicht zu knapp. Aber derzeit werden sie lauter, weil sie sehen und spüren, dass die Welt sich wirklich ändert. Was kann die Science Fiction in dieser Situation leisten? Setzt diese Frage nicht voraus, dass man sie zu ernst nimmt?

Marcus Hammerschmitt, geb. 1967 in Saarbrücken. Lebt heute in Tübingen. Schriftsteller, Journalist, Fotograf. Seit der Entdeckung von “Goldmanns Weltraum Taschenbüchern” in der lokalen Bibliothek mit Science Fiction beschäftigt. Ist der Meinung, dass Science Fiction nicht durch Raumschiffe und Roboter definiert wird. Erster eigener Science-Fiction-Titel: Der Glasmensch, Suhrkamp Verlag, 1995. Jüngster Science-Fiction-Titel: H-Null (zuerst Verlag Das Beben, Berlin, 2014, jetzt als „H0″ Amazon E-Book, 2017). http://marcus-hammerschmitt.de/

Eine Veranstaltung in Kooperation von Stiftung Geißstraße 7 und Emanzipation und Frieden