Zwei Quellen und zwei Bestandteile des modernen Antisemitismus
Vortrag und Diskussion von und mit Lothar Galow-Bergemann
Donnerstag, 09. Mai 2013, 20 Uhr, react!OR, Frühlingstr. 17, Kempten
Den einen Tag wähnt der Herausgeber des Freitag „die ganze Welt am Gängelband“ des israelischen Regierungschefs, den andern Tag lobt er seinen Kollegen von der FAZ für dessen Enthüllung, dass „die Physiker an die Wall Street gegangen sind und seitdem die Welt in die Knie zwingen“. Das ist kein Zufall. Wohin die vielen vermeintlichen Kritiker vom Schlage eines Jakob Augstein auch blicken, überall finden sie böse Mächte am Werk, die nach Krise und Krieg trachten. Schon dem Vordenker des Deutschseins Johann Gottlieb Fichte war das Judentum „ein mächtiger, feindselig gesinnter Staat, der mit allen übrigen im beständigen Kriege steht“ und die Protokolle der Weisen von Zion unterstellten den Juden, dass sie „das Geld ganz in Händen haben“ und damit „eine allgemeine Wirtschaftskrise verursachen“. Doch weder mit dem einen noch mit dem anderen, so ist das moderne Ressentiment überzeugt, hat man irgendetwas am Hut. Man hat nichts gegen Juden. Nur gegen die Gierigen. Und gegen den jüdischen Staat. Die große Schnittmenge der grassierenden „Heuschrecken“- und „Israelkritik“ mit antisemitischen Denkmustern blendet man dagegen konsequent aus. Früher einmal war sich antisemitisches Denken noch seiner selbst bewusst. Heute denkt man zwar immer noch antisemitisch, ist aber zutiefst vom Gegenteil überzeugt. Wo regressiver Antikapitalismus und Antizionismus nicht verstanden sind, wird der moderne Antisemitismus nicht wahrgenommen.
Lothar Galow-Bergemann, Stuttgart, ist Publizist und langjährig freigestellter Personalrat
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