Regressiver Antikapitalismus und das antisemitische Ressentiment
Vortrag und Diskussion mit Lothar Galow-Bergemann
Mittwoch, 20. April 2016, 20 Uhr, Freiburg
Hörsaal 1016, Kollegiengebäude 1, Uni Freiburg
Eine Veranstaltung des Referats gegen Antisemitismus der Studierendenvertretung an der Uni Freiburg
Geht es gegen Banken und „die Finanzmärkte“, sind sich fast alle einig: Parteipolitiker, Gewerkschaften, Linke, Rechte, diverse Verschwörungsphantasten und wer sonst alles in Krisenzeiten das Wort ergreift. Alle miteinander halten sie “die Gierigen, die den Hals nicht voll genug kriegen” für die Verursacher der Krise. Auch manch vermeintlich radikaleR KapitalismuskritikerIn findet sich da in trauter Eintracht mit Finanzminister, Fernseher und Frau Meier wieder. Wenn es gegen die „Zirkulationssphäre“ geht, entstehen sonderbar anmutende Schulterschlüsse.
Die verbreitete Gewissheit, dass „die da oben an allem schuld sind“ entspringt einem unreflektierten Bauch-Antikapitalismus, der Gesellschaftskritik mit Wut auf „gierige Bankster“, „Lügenpack“ und „Lügenpresse“ verwechselt. Doch die Aufspaltung des kapitalistischen Prinzips in „produktives Kapital“ auf der einen und „das Finanzkapital“ auf der anderen Seite leistet einer Dämonisierung des Finanzsektors Vorschub, die mal mehr, mal weniger bewusst auf antisemitische Stereotype zurückgreift. Blind dafür, was der Wahn vom “Kampf der ehrlich Arbeitenden” gegen die “Gierigen, die die Völker aussaugen” schon einmal angerichtet hat, sehnen sich viele nach einfachen Antworten. Das macht sie anfällig für allerlei Demagogisches und Autoritäres – ein auffälliger Kontrast zum allgegenwärtigen deutschen Credo, man habe aus der Geschichte gelernt.
Lothar Galow-Bergemann war freigestellter Personalrat in zwei Großkliniken. Heute schreibt er u.a. in konkret, Jungle World und auf www.emafrie.de.
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