“Nie wieder!” heißt auch: Aus linken Fehlern lernen

Essentials eines erfolgreicheren Antifaschismus

Vortrag und Diskussion mit Lothar Galow-Bergemann

Mittwoch, 7. Mai 2025, 18.15 Uhr, Göttingen

Universität, Platz-der-Göttinger-Sieben, Zentrales Hörsaalgebäude (ZHG 007)

Eine Veranstaltung des AStA Uni Göttingen

Jahrzehntelang hat man sich in Deutschland damit gebrüstet, wie viel man aus der Geschichte gelernt habe. Doch wäre der Nationalsozialismus wirklich aufgearbeitet, gäbe es den Aufstieg der AfD nicht. Das offizielle „Nie wieder!“ vermag weniger denn je den braunen Dreck zu kaschieren, der über Generationen hinweg an Stamm- und Küchentischen weitergegeben wurde und heute wieder in großen Teilen der Gesellschaft kursiert. Menschenfeindliches, rassistisches und antisemitisches Denken und Handeln erfasst zunehmend auch die selbstgefällige „Mitte der Gesellschaft“, die sich „fern von allen Extremen“ wähnt. Nie seit 1945 war die autoritär-faschistische Gefahr so groß wie heute.

Doch auch in der Linken sind Nationalsozialismus und Antisemitismus oft immer noch nicht verstanden. Die Behauptung „das Volk wurde damals von den Nazis verführt“ traut den Menschen nicht zu, handelnde Subjekte zu sein. Das ist kompatibel mit der Überzeugung, man selbst sei zur „Führung der Arbeiterklasse“ berufen. Autoritarismus gibt es auch von Links. Besonders ausgeprägt erscheint er derzeit in dogmatischen „roten Gruppen“, die sich offen auf Führergestalten wie Lenin, Stalin und Mao berufen. Ganz so, als ob deren blutige Rezepte, die Millionen Menschenleben auf dem Gewissen haben, nicht längst desaströs gescheitert seien. Schon die „revolutionären“ Parolen der alten KPD blamierten sich 1933 auf dramatische Weise. Waren die K-Gruppen der 70er Jahre nur noch deren billiger Abklatsch, so sind ihre heutigen Wiedergänger nichts als der Abklatsch vom Abklatsch des Gescheiterten.

Weiterlesen

Radikale Arbeitszeitverkürzung als Zukunftsprojekt

Workshop mit Lothar Galow-Bergemann

Montag, 7. April 2025, Lohr

IG Metall Bildungszentrum

im Rahmen des Seminars Arbeitszeitverkürzung: Die 4-Tage-Woche im Betrieb

Immer noch mehr Autos, noch mehr Plastik im Meer, noch höhere Finanzgebirge, noch mehr CO2. Wir arbeiten für eine Megamaschine, die Mensch und Natur ihrem Diktat unterwirft. Die Klimakrise ist der sichtbarste Ausdruck. Doch auch die Kluft zwischen Reich und Arm wächst, Gesundheit, Bildung und Soziales werden vernachlässigt, Wohnen und Rentensystem werden unbezahlbar.

Gleichzeitig leiden immer mehr Menschen unter dem Arbeitsdruck und wollen raus aus der Mühle. Da klingt es wie ein Hohn, wenn Politik und Arbeitgeber noch „mehr Bock auf Arbeit“ verlangen. Arbeiten ohne Ende, womöglich noch mit 75? Viele haben andere Vorstellungen von einem erfüllten Leben. Und warum sollen wir eigentlich immer länger arbeiten, obwohl die Computer und Roboter immer besser werden?

Weiterlesen

Audio: „Dass der deutsche Arbeitswahn bröckelt ist eine tolle Sache“

Interview mit Lothar Galow-Bergemann

mit Radio Dreyeckland am 25. Februar 2025

Politik und Unternehmerverbände verlangen „mehr Bock auf Arbeit“. Aber immer mehr Menschen haben keinen Bock mehr. Sie zweifeln am Sinn ihrer Arbeit und stellen sich unter einem erfüllten Leben etwas anderes vor als jahrzehntelanges Schuften für eine Minirente mit 75. Die Kluft zwischen den Zwängen der Kapitalverwertung und den Wünschen vieler Menschen birgt die Chance auf erfolgreiche Kämpfe für ein besseres Leben.

Das Interview entstand mit Blick auf die Veranstaltung „Genug geschuftet. Radikale Arbeistzeitverkürzung als Baustein für ein besseres Leben“ am 27. Februar 2025

Weiterlesen

Audio: Alles für Alle. Revolution als Commonisierung

Buchvorstellung von Jonna Klick

gehalten am 19. Juni 2024 in Stuttgart

Die sich zuspitzende Klimakrise macht es deutlich wie noch nie: Wir
müssen die Notbremse ziehen. Wir müssen raus aus dem Kapitalismus! — so die Autorinnen Indigo Drau und Jonna Klick. Doch je klarer diese
Erkenntnis, desto auswegloser erscheint unsere Situation. Denn bisherige
Wege, den Kapitalismus über den Staat zu bändigen oder zu überwinden,
sind gescheitert. Deshalb sucht dieses Buch nach neuen Wegen in eine
solidarische Gesellschaft.

Weiterlesen

Industrie und Sozialpartnerschaft: Zeitenwende für Gewerkschaften

von Minh Schredle (Interview)

Die erfolgreichsten Wachstumskritiker unserer Zeit heißen Friedrich Merz und Christian Lindner – sagt der Soziologe Klaus Dörre. Ein Gespräch über die sabotierte Antriebswende, Arbeitnehmerrechte unter Beschuss und Spanferkel, für die keine Zeit mehr bleibt.

Herr Dörre, im wirtschaftsliberalen Lager häufen sich die Stimmen, dass Deutschland radikale Reformen brauche, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Mit Blick auf die Interessen von Arbeitnehmern ist das wohl als Drohung zu verstehen?

Ja, ganz klar. Gegenwärtig erleben wir so etwas wie eine Zeitenwende in den organisierten Arbeitsbeziehungen. Nach der Krise 2007 bis 2009, in den zehn Jahren der Prosperität danach, sah es so aus, als würde sich der deutsche Sozialkapitalismus, für den sozialer Friede eine Produktivkraft ist, noch einmal berappeln. Aus heutiger Sicht muss ich sagen: Diese Einschätzung hat sich nicht bewahrheitet. Stattdessen praktizieren Unternehmen eine Art Niederwerfungsstrategie gegenüber den Gewerkschaften, wie wir sie bis dato nur aus den angelsächsischen Staaten kannten. Nicht im Sinne von vollständiger Entgewerkschaftung, sondern so, dass Gewerkschaften in einem Ausmaß geschwächt werden, dass sie außer als willfährige Krisenmanager zu nichts anderem mehr zu gebrauchen sind.

Weiterlesen

Radikale Arbeitszeitverkürzung – Für ein besseres Leben. Gegen Rechts.

Vortrag und Diskussion mit Lothar Galow-Bergemann

Donnerstag, 3. April 2025, 18.30 Uhr, Erfurt

filler, Schillerstraße 44

Eine Veranstaltung von Bildungskollektiv BiKo e.V. im Rahmen der Reihe „Kämpfe um, im und gegen den Sozialstaat“

  • Der Vortrag ist mittlerweile HIER nachzuhören

Wir sollen „mehr Bock“ haben auf „Arbeit, Leistung, Wachstum und Wettbewerb“, um „unseren Wohlstand zu sichern“. Doch was für ein „Wohlstand“ soll das sein? Schuften ohne Ende? Für noch mehr Autos? Noch mehr Plastik im Meer? Noch mehr CO2? Noch höhere Finanzgebirge? Ständiger Stress, kaum Zeit für’s Leben? Sich dann auch noch anhören müssen, wir würden „zu viel krankmachen“? Und am Ende Minirente mit 75? Wer hat darauf schon Bock?

„Wirtschaftswachstum“ ist der moderne Gott, dem wir alle dienen müssen. Wir arbeiten für eine Megamaschine, die unendlich Geld anhäuft und Mensch und Natur ihrem Diktat unterwirft. Die Klimakrise ist ihr ebenso geschuldet wie die wachsende Kluft zwischen Reich und Arm, Vernachlässigung von Gesundheit, Bildung und Sozialem, unbezahlbare Wohnungen und Renten.

Computer und Roboter könnten uns viel Arbeit abnehmen. Aber wir sollen immer mehr arbeiten, weil die Megamaschine Konkurrenz statt Kooperation von uns verlangt. Niemand vertritt dieses Prinzip brutaler als Autoritäre und Faschisten. Die Rechtsentwicklung fällt nicht vom Himmel, sie erwächst aus der Ellenbogenlogik „unserer Wirtschaft“.

Kampf gegen Rechts kann erfolgreich sein, wenn er sich mit dem Wunsch von immer mehr Menschen nach wesentlich mehr Zeit für ein erfülltes und sinnvolles Leben verbündet. Kämpfe um radikale Arbeitszeitverkürzung und gesellschaftliche Selbstorganisation sind der Schlüssel für humanes und naturverträgliches Wirtschaften. Gewerkschaften können eine zentrale Rolle dabei spielen, wenn sie ihr großes Potential als Massenorganisationen der Fachkräfte für den stofflichen Umbau erkennen und mobilisieren.

Weiterlesen

Genug geschuftet

Radikale Arbeitszeitverkürzung als Baustein für eine bessere Zukunft

Vortrag und Diskussion mit Lothar Galow-Bergemann

Donnerstag, 27. Februar 2025, 18.30 Uhr, Freiburg

Mensa der Hebelschule, Engelbergerstr. 2

Eine Veranstaltung der FAU Freiburg

Immer noch mehr Autos, noch mehr Plastik im Meer, noch höhere Finanzgebirge, noch mehr CO2. Gesundheit, Bildung und Soziales werden vernachlässigt, Wohnen und Rentensystem unbezahlbar. Die Kluft zwischen Reich und Arm wächst. Wie zum Hohn verlangen Politik und Unternehmerverbände auch noch „mehr Bock auf Arbeit“.

Doch immer mehr Menschen haben keinen Bock mehr. Sie zweifeln am Sinn ihrer Arbeit und stellen sich unter einem erfüllten Leben etwas anderes vor als jahrzehntelanges Schuften für eine Minirente mit 75. Diese Kluft zwischen den Zwängen der Kapitalverwertung und den Wünschen vieler Menschen schreit nach emanzipatorischer Intervention.

Mit der Forderung nach der Viertagewoche kommt Bewegung in die Arbeitszeitdebatte. Doch eine grundlegende Wende ist im Rahmen des Lohnsystems nicht möglich. Auch die autoritär/faschistische Welle ist auf Basis der kapitalistischen Ellenbogenwirtschaft nicht zu brechen – schließlich ist sie deren Spross.

Weiterlesen

Audio: „Nie wieder!“ heißt auch: Aus linken Fehlern lernen

Essentials eines erfolgreicheren Antifaschismus

Vortrag von Lothar Galow-Bergemann

gehalten am 18. November 2024 in Wien

Jahrzehntelang hat man sich in Deutschland und Österreich damit gebrüstet, wie viel man aus der Geschichte gelernt habe. Doch wäre der Nationalsozialismus wirklich aufgearbeitet, gäbe es keinen Aufstieg von AfD und FPÖ. Das offizielle „Nie wieder!“ vermag weniger denn je den braunen Dreck zu kaschieren, der über Generationen hinweg an Stamm- und Küchentischen weitergegeben wurde und heute wieder in großen Teilen der Gesellschaft kursiert. Menschenfeindliches, rassistisches und antisemitisches Denken und Handeln erfasst zunehmend auch die selbstgefällige „Mitte der Gesellschaft“, die sich „fern von allen Extremen“ wähnt. Nie seit 1945 war die autoritär-faschistische Gefahr so groß wie heute.

Doch auch in der Linken sind Nationalsozialismus und Antisemitismus oft immer noch nicht verstanden. Die Behauptung „das Volk wurde damals von den Nazis verführt“ traut den Menschen nicht zu, handelnde Subjekte zu sein. Das ist kompatibel mit der Überzeugung, man selbst sei zur „Führung der Arbeiterklasse“ berufen. Autoritarismus gibt es auch von Links. Besonders ausgeprägt erscheint er derzeit in dogmatischen „roten Gruppen“, die sich offen auf Führergestalten wie Lenin, Stalin und Mao berufen. Ganz so, als ob deren blutige Rezepte, die Millionen Menschenleben auf dem Gewissen haben, nicht längst desaströs gescheitert seien. Schon die „revolutionären“ Parolen der alten KPD blamierten sich 1933 auf dramatische Weise. Waren die K-Gruppen der 70er Jahre nur noch deren billiger Abklatsch, so sind ihre heutigen Wiedergänger nichts als der Abklatsch vom Abklatsch des Gescheiterten.

Weiterlesen

Lachen ist Notwehr – „Die fünfte Gewalt“

von Minh Schredle

Nicht immer bricht sich im Gelächter unbeschwerte Heiterkeit Bahn, glockenhell und in Pastellfarben. Der Stuttgarter Herbert Grammatikopoulos hat 56 Köpfe des deutschsprachigen Kabaretts porträtiert. Hier entpuppt sich Humor als Mittel der Selbstverteidigung gegen den Wahnsinn der Welt.

Humor ist nicht mehr zeitgemäß. So wie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Letzteres steht in der FAZ. Und dass sie das ernsthaft gedruckt hat, ist ja doch wieder ein bisschen komisch. Also gut. Überdenken wir den Einstieg noch einmal: Mit Blick auf die Verhältnisse kann einem, einer und erst recht allen dazwischen das Lachen durchaus vergehen. So schreibt Herbert Grammatikopoulos in seiner Würdigung der 2010er-Jahre: „Von einer Weltwirtschaftskrise zur Eurokrise, über die Griechenland-‚Rettung‘, die seit Mitte des letzten Jahrhunderts bekannte, aber geflissentlich ignorierte Klimakrise, den Pferdefleischskandal, die Ungeheuerlichkeit, dass die personifizierte Unfehlbarkeit, der Papst, sein Amt niederlegt, der Arabische Frühling, der zum Winter wurde, NSU, ein Jahrzehnt Krieg in Syrien und nicht zu vergessen die Dutzende regional eingegrenzten Dauerkriege, die zu Fluchtkrisen führten, obendrauf und nebenan die Neo- und Alt-Nazis, Terror in grausamer Form – und für Deutschland besonders wichtig: Autokrise, Dieselkrise – um nur einige wenige zu nennen.“ 

Aus heutiger Sicht, ist man geneigt, ihm zuzuseufzen: Hach, wie schön das damals war. Die guten, alten Zeiten eben. Als bei all dem auch schon damals grassierenden Wahnsinn doch noch einigermaßen unvorstellbar schien, dass zum Jahresbeginn 2025 der reichste Mann der Welt bei der Vereidigung des US-Präsidenten zwei Mal den Hitlergruß zeigen würde. Doch gerade weil sich „der Unbill der Welt“ nicht rein rational auflösen lasse, argumentiert Grammatikopoulos, brauche es Satire zwecks Selbstverteidigung, Humor für angewandte Gegenwartsbewältigung und Witz als intellektuelle Notwehr.

Weiterlesen

Die Bremse lockern

Im Bundestagswahlkampf dürften SPD und Grüne die hohen Mieten thematisieren

von Minh Schredle

SPD und Grüne machen die hohen Mieten zum Wahlkampfthema. Dabei hilft beiden Parteien paradoxerweise, dass sie in der laufenden Legislaturperiode praktisch nichts gegen die Mietsteigerung unternommen haben.

»Jetzt faire Mieten wählen«, appellierte die SPD im Bundestagswahlkampf 2021 und versprach: »Scholz packt das an.« »Angepackt« wurde allerdings statt der Mieten bloß der Wohnungsbau, und auch der nur rhetorisch: Als die Bundesregierung unter Kanzler Scholz ihre Arbeit aufnahm, gab sie als Ziel vor, dass jedes Jahr 400.000 neue Wohnungen entstehen sollten – wobei Scholz im vergangenen Februar bekräftigte, dass es sich bei dieser Zielmarke eher um die Untergrenze des Bedarfs handle. 

Weiterlesen

Video: Klassenkampf – Zaubermittel gegen Faschismus?

Nachhaltige Antworten auf die autoritäre Welle müssen anders aussehen

Vortrag von Lothar Galow-Bergemann mit anschließender Diskussion

gehalten am 17. November 2024 in Wien

im Rahmen der ACT NOW II: Konferenz gegen Rechts der Grünen Bildungswerkstatt Wien

Weiterlesen

„Decolonize!“ heißt auch: Befreiung von Antisemitismus

Knappe Stichorte zu einer Leerstelle in der Debatte

von Lothar Galow-Bergemann

Europa hat den Antisemitismus in große Teile der Welt exportiert:
– mit dem Christentum
– mit dem Kapitalismus
– mit dem Nationalsozialismus
Der Hass auf Juden_Jüdinnen ist schon lange nicht mehr ausschließlich weiß und westlich.

Weiterlesen

Klassenkampf: Zaubermittel gegen Faschismus?

Nachhaltige Antworten auf die autoritäre Welle müssen anders aussehen

Vortrag und Diskussion mit Lothar Galow-Bergemann

Freitag, 22. November 2024, 18.00 Uhr, Rostock

Café Median, Niklotstr. 5/6, 18057 Rostock

Eine Veranstaltung von Offenes Antifa Treffen Rostock

Klassenkampf muss sein. Aber höherer Lohn macht nicht antirassistisch, bezahlbarer Wohnraum nicht feministisch und ein Kindergartenplatz nicht kritisch gegen Verschwörungsdenken. Arbeiter*innen sind nicht von Autoritären und Faschisten „verführt“, sie haben ihren eigenen Kopf. Können sie ihre Arbeitskraft nicht verkaufen, ist ihr Lebensunterhalt gefährdet. Dieser Zwang ist eine Brutstätte des Autoritarismus. Zumal in Krisenzeiten. „Wer setzt sich durch – ich oder du, wir oder sie?“ Die rechte Welle entspringt der menschenfeindlichen kapitalistischen Ellenbogenkonkurrenz. Nur Kämpfe, die die Fesseln des Interesses von Arbeitskraftverkäufer*innen sprengen, können antikapitalistisch, antipatriarchal und antifaschistisch sein. „Klassenidentität“ hilft da nicht weiter.

Weiterlesen

Audio: “Wir sind die stärkste der Partei’n…”

Die “K-Gruppen”: Anmerkungen zur Entstehung, deren Ursachen, der kurzen Blüte und zum Zerfall.

Vortrag von Volkmar Wölk

gehalten am 23. September in Stuttgart

Niemand kennt die genaue Zahl. Aber rund 100.000 Menschen dürften es gewesen sein, die im “roten Jahrzehnt”, den 1970er-Jahren, in der BRD die diversen Gruppen der “ML-Bewegung in Westdeutschland” durchlaufen haben. Eine Masse, die nie zur relevanten politischen Kraft wurde. Vor dem Aufstieg dieser “K-Gruppen” lag das Scheitern der antiautoritären Bewegung, das Verblassen der Hoffnungen, die in die 68er-Revolte gesetzt worden waren. Ihr Gegenmittel: autoritär strukturierte Organisationen, Rückgriff auf die Ideologie der KPD der Weimarer Zeit – einschließlich ihrer Fehler. Der kurzen Blüte folgte ein schnelles Scheitern. Das neuerliche Auftreten ähnlicher Gruppen zeugt von Fantasielosigkeit, von Lernunfähigkeit. Volkmar Wölk wirft einen Blick zurück in die Geschichte eines Teils der außerparlamentarischen Opposition.

Weiterlesen

Kranke Arbeitswelt

Wirtschaftsverbände und die Bundesregierung sind sich einig: Die Zahl der Krankheitstage muss reduziert werden. Doch viel spricht dafür, dass es den Beschäftigten tatsächlich immer schlechter geht – und sie sich oft sogar krank zur Arbeit schleppen.

von Minh Schredle

Die Deutschen feiern zu viel krank – diese Behauptung hört man seit einigen Monaten immer häufiger. Zum Beispiel vergangene Woche beim »Arbeitgebertag 2024«, der jährlichen Konferenz der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). »Die Krankheitstage sind zu viel«, sagte dort Christian Dürr, der FDP-Fraktionsvorsitzende im Bundestag. Er forderte deshalb: Weg mit der telefonischen Krankschreibung »und hin zu mehr Eigenverantwortung«.

Was der Zwang dazu, sich zukünftig wieder mit Fieber oder Durchfall in eine Arztpraxis zu schleppen, mit »Eigenverantwortung« zu tun hat, blieb Dürrs Geheimnis. Er wiederholte nur, was seit einiger Zeit immer mehr Unternehmer beklagen. Ola Källenius, der Vorstandsvorsitzende von Mercedes-Benz, schlug Mitte Oktober Alarm. »Der hohe Krankenstand in Deutschland ist ein Problem für die Unternehmen«, sagte er dem Spiegel. In seinem Unternehmen fehlten in Deutschland teils doppelt so viele Beschäftigte wie im europäischen Ausland, behauptete Källenius und warnte vor negativen Folgen für den Wirtschaftsstandort.

Weiterlesen

„Nie wieder!“ heißt auch: Aus linken Fehlern lernen

Essentials eines erfolgreicheren Antifaschismus

Vortrag und Diskussion mit Lothar Galow-Bergemann

Ende November 2024, Raum Salzwedel

Eine Veranstaltung von Antifaschistische Vernetzung Sachsen-Anhalt

Bei Interesse Mail an antifavernetzunglsa[at]riseup.net

Jahrzehntelang hat man sich in Deutschland damit gebrüstet, wie viel man aus der Geschichte gelernt habe. Doch wäre der Nationalsozialismus wirklich aufgearbeitet, gäbe es den Aufstieg der AfD nicht. Das offizielle „Nie wieder!“ vermag weniger denn je den braunen Dreck zu kaschieren, der über Generationen hinweg an Stamm- und Küchentischen weitergegeben wurde und heute wieder in großen Teilen der Gesellschaft kursiert. Menschenfeindliches, rassistisches und antisemitisches Denken und Handeln erfasst zunehmend auch die selbstgefällige „Mitte der Gesellschaft“, die sich „fern von allen Extremen“ wähnt. Nie seit 1945 war die autoritär-faschistische Gefahr so groß wie heute.

Doch auch in der Linken sind Nationalsozialismus und Antisemitismus oft immer noch nicht verstanden. Die Behauptung „das Volk wurde damals von den Nazis verführt“ traut den Menschen nicht zu, handelnde Subjekte zu sein. Das ist kompatibel mit der Überzeugung, man selbst sei zur „Führung der Arbeiterklasse“ berufen. Autoritarismus gibt es auch von Links. Besonders ausgeprägt erscheint er derzeit in dogmatischen „roten Gruppen“, die sich offen auf Führergestalten wie Lenin, Stalin und Mao berufen. Ganz so, als ob deren blutige Rezepte, die Millionen Menschenleben auf dem Gewissen haben, nicht längst desaströs gescheitert seien. Schon die „revolutionären“ Parolen der alten KPD blamierten sich 1933 auf dramatische Weise. Waren die K-Gruppen der 70er Jahre nur noch deren billiger Abklatsch, so sind ihre heutigen Wiedergänger nichts als der Abklatsch vom Abklatsch des Gescheiterten.

Weiterlesen

Klassenkampf: Zaubermittel gegen Faschismus?

Nachhaltige Antworten auf die autoritäre Welle müssen anders aussehen

Vortrag und Diskussion mit Lothar Galow-Bergemann

Sonntag, 17. November 2024, 15.30 Uhr, Wien

VHS Wiener Urania, Uraniastraße 1,1010 Wien

Eine Veranstaltung von Grüne Bildungswerkstatt Wien im Rahmen von ACT NOW II: Konferenz gegen Rechts

  • Eine Videoaufzeichnung des Vortrags und der anschließenden Diskussion ist mittlerweile HIER zu sehen

Klassenkampf muss sein. Aber höherer Lohn macht nicht antirassistisch, bezahlbarer Wohnraum nicht feministisch und ein Kindergartenplatz nicht kritisch gegen Verschwörungsdenken. Arbeiter*innen sind nicht von Autoritären und Faschisten „verführt“, sie haben ihren eigenen Kopf. Können sie ihre Arbeitskraft nicht verkaufen, ist ihr Lebensunterhalt gefährdet. Dieser Zwang ist eine Brutstätte des Autoritarismus. Zumal in Krisenzeiten. „Wer setzt sich durch – ich oder du, wir oder sie?“ Die rechte Welle entspringt der menschenfeindlichen kapitalistischen Ellenbogenkonkurrenz. Nur Kämpfe, die die Fesseln des Interesses von Arbeitskraftverkäufer*innen sprengen, können antikapitalistisch, antipatriarchal und antifaschistisch sein. „Klassenidentität“ hilft da nicht weiter.

Weiterlesen

Wer vom Kapitalismus nicht reden will, sollte von Nachhaltigkeit schweigen

Warum wir mit „unserer Wirtschaft“ nie eine nachhaltige Gesellschaft erreichen werden

Vortrag und Diskussion mit Lothar Galow-Bergemann

Samstag, 16. November 2024, 17.00 Uhr, Innsbruck

KULT Bogen Bar, Ing.-Etzel-Straße, Viaduktbogen 38

im Rahmen der Woche der Nachhaltigkeit 2024: Gemeinsam. Zukunft. der Universität Innsbruck

Immer noch mehr Autos, noch mehr Plastik im Meer, noch höhere Finanzgebirge, noch mehr CO2. Unsere Wirtschaft beruht auf dem Zwang zu ewigem Wachstum. Eine Megamaschine unterwirft Mensch und Natur ihrem Diktat. Die Klimakrise ist der sichtbarste Ausdruck.

Alle sind für Klimaschutz, aber die globale Erwärmung nimmt unaufhörlich zu. Alle sind für soziale Gerechtigkeit, aber Kinder- und Altersarmut wachsen. Alle wünschen sich mehr freie Zeit zum Leben, aber müssen immer mehr und länger arbeiten. Niemand will die Krise, aber keiner kriegt sie in den Griff. Wunsch und Wirklichkeit gehen so weit auseinander, weil das herrschende Wirtschaftssystem existentiellen Herausforderungen nicht gewachsen ist. Klima- und Coronakrise demonstrieren eindrücklich: Unendliches Wachstum ist ihm wichtiger als Mensch und Natur, maximaler Profit wichtiger als Gesundheit und Lebensqualität, steigende Aktienkurse wichtiger als das Leben künftiger Generationen.

Weiterlesen

Fallstricke der Emanzipation

Autoritäres und Regressives in der Linken gestern und heute

Vortrag und Diskussion mit Lothar Galow-Bergemann

Samstag, 2. November 2024, 16.00 Uhr, Weimar

mon ami, Goetheplatz 11

Eine Veranstaltung im Rahmen des 33. Antifaschistischen & Antirassitischen Ratschlags Thüringen

Alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist. Besser lassen sich Anspruch und Programm menschlicher Emanzipation nicht auf den Punkt bringen. Wenn der Begriff Links Sinn hat, dann diesen. Oft sehen linke Theorie und Praxis jedoch ganz anders aus. Was längst überwunden sein sollte, lebt auch in vielen linken und linksradikalen Strukturen und Denkweisen fort: Die Herrschaft von Zwangsgemeinschaften und von Menschen über andere Menschen.

Weiterlesen