Fallstricke der Emanzipation

Autoritäres und Regressives in der Linken gestern und heute

Vortrag und Diskussion mit Lothar Galow-Bergemann

Freitag, 28. Juli 2023, 15 Uhr, Mellnau (Hessen)

Eine Veranstaltung von krisis Kritik der Warengesellschaft

im Rahmen von Krise. Kritik. Kapitalismus. Wertkritisches Sommercamp der Gruppe Krisis von Mo. 24. – So. 30. Juli 2023

Alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist. Besser lassen sich Anspruch und Programm menschlicher Emanzipation nicht auf den Punkt bringen. Wenn der Begriff Links Sinn hat, dann diesen. Oft sehen linke Theorie und Praxis jedoch ganz anders aus. Was längst überwunden sein sollte, lebt auch in vielen linken und linksradikalen Strukturen und Denkweisen fort: Die Herrschaft von Zwangsgemeinschaften und von Menschen über andere Menschen.

Das kann sich in Männlichkeitskult und sexistischem Verhalten äußern, in der Vorliebe fürs Agitieren statt fürs Argumentieren oder in der Vorstellung, antifaschistische Akteur*innen seien stets im Recht, was auch immer sie tun. Aber auch im Glauben, man sei zur „Führung der Arbeiterklasse“ berufen. Der Griff in die Mottenkiste staatssozialistischer Parteidiktaturen und Sympathie für autoritäre Führergestalten wie Lenin liegen da oft nahe. Der Glaube, „die Klasse und das Volk“ brauche eigentlich nur die richtigen Führer, korreliert zudem mit zwei ebenso absurden wie folgenreichen Fehleinschätzungen: Nationalsozialismus und Antisemitismus seien die Folge rechter Verführungskünste und bürgerlich-rechtsstaatliche Verhältnisse seien letztlich ebenfalls „faschistisch“.

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Mit Plan oder im Chaos?

Vielleicht braucht es ein Fukushima für den Verkehr

von Minh Schredle

(zuerst erschienen in Kontext: Wochenzeitung Ausgabe 640 am 5. Juli 2023)

Stephan Krull wünscht sich eine Halbierung der Menge an Autos in Deutschland. Denn eine Verkehrswende müsse viel grundlegender ansetzen als beim Austausch von Verbrennungsmotoren durch elektrische Antriebe, sagt der Ex-VW-Betriebsrat.

Er ist das erste Mal in Schwäbisch Hall, erzählt Stephan Krull, und eigentlich hätte er sich die Stadt gerne genauer angeschaut. Dafür blieb ihm keine Gelegenheit. Seinen Plan, schon gegen Mittag anzukommen, vereitelte die Deutsche Bahn. Mit vielen Stunden Verspätung und nach hochkomplizierten Umleitungen hat es der Gewerkschafter aus Hamburg gerade noch rechtzeitig zu seinem Vortrag geschafft. Der startet um 20 Uhr im Club Alpha 60 und die Ereignisse rund um Krulls Ankunft passen gut zu den Inhalten, die er vorträgt: „Solche Reisen zeigen, warum eine Verkehrswende nötig ist.“

Krull war 16 Jahre lang Betriebsrat bei VW und im Vorstand der IG-Metall-Geschäftsstelle Wolfsburg. Er ist also bestens vertraut mit den Mechanismen der Interessenvertretung für Beschäftigte, hat daran mitgewirkt, bei VW 6-Stunden-Schichten einzuführen und sagt über die Bedürfnisse der Arbeiterschaft, dass es im wesentlichen darum gehe, sich selbst und seinen Kindern ein gutes Leben zu ermöglichen. Was laut Krull auch eine gewisse Offenheit für Umweltschutz bedeute, teils Einsicht in die Notwendigkeit einer ökologischen Transformation – aber eben auch und vielleicht sogar vor allem: Sichere Beschäftigung, die materiell keine Einbußen zum Ist-Zustand bedeute.

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Technologieoffenheit als Treppenwitz. Der drohende Einbruch deutscher Autoexporte

Das selbstfahrende Auto dürfte noch lange auf sich warten lassen. Außerdem haben deutsche Autobauer den Umstieg auf Elektroantriebe verschlafen

von Minh Schredle

(Zuerst gekürzt und unter einem anderen Titel in der Jungle World 2023/23 vom 8. Juni 2023 erschienen.)

Wie eine Straßenbahn ohne Gleise oder ein Bus, den man sich mit niemandem teilen muss, so soll automatisiertes Fahren funktionieren. „Schon seit Jahren sind die Ingenieure fast aller Autohersteller mit Systemen zum automatisierten und hochautomatisierten Fahren unterwegs“, informierte jüngst der ADAC, der enorme Potenziale in dieser Technologie sieht. Einschränkungen ergeben sich allerdings bei der Umsetzung, denn „der ambitionierte Zeitplan“ zur Markteinführung habe sich „immer wieder verschoben“. An knausrigen Geldgebern liegt es eher nicht: Nach Angaben von McKinsey haben Fahrzeugproduzenten und Risikokapitalgeber zwischen 2010 und 2020 mehr als 100 Milliarden Dollar in selbstfahrende Systeme investiert. Doch weltweit bleiben die Erfolge hinter den Erwartungen zurück. In Deutschland scheint der Optimismus ohnehin überschaubar. Nur „21 Prozent der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger glauben, dass klassische deutsche Hersteller den Wettbewerb um das autonome Fahren für sich entscheiden werden“, ergab eine repräsentative Befragung im Auftrag des Marktforschungsunternehmens Bitkom Ende 2022. Hingegen waren 43 Prozent überzeugt, „dass neue Automobilhersteller wie Tesla letztlich an der Spitze stehen“. Allerdings läuft es auch beim vermeintlichen Branchenprimus alles andere als rund.

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Mehr Bock auf weniger Arbeit

Die IG Metall geht mit der Forderung nach der Viertagewoche in die Offensive

von Lothar Galow-Bergemann

(leicht gekürzt erschienen am 27. April 2023 in Jungle World #17/2023)

Kämpfe um radikale Arbeitszeitverkürzung müssen endlich mit solchen um Klimaschutz und um Vergesellschaftung zentraler Ressourcen verbunden werden.

Kurz vor Ostern überraschte die Gewerkschaft IG Metall mit der Forderung nach Arbeitszeitverkürzung. Eine Viertagewoche mit 32 Wochenstunden bei vollem Lohnausgleich – mit dieser Forderung will die Gewerkschaft in die Ende 2023 anstehende Tarifrunde in der nordwestdeutschen Stahlindustrie gehen. Ihr Vorsitzender Jörg Hofman erwartet gar eine gesamtgesellschaftliche Wirkung: Die Stahlindustrie sei schon oft Vorreiter für fortschrittliche Regelungen gewesen. Insofern habe diese Forderung eine „grundsätzliche Ausstrahlung über die Stahlbranche hinaus“.

Mit Recht verweist die IG Metall auf die intensiver werdende Debatte über Arbeitszeitverkürzungen. Laut einer Forsa-Umfrage aus dem vergangenen Jahr wünschen sich 70 Prozent der Beschäftigten in Deutschland eine Viertagewoche.

Die Ankündigung der Gewerkschaft kommt zur richtigen Zeit, sie setzt einen Kontrapunkt zu den belehrenden und anmaßenden Tönen von Politikern und Arbeitgebern. Erst im Februar ermahnte Andrea Nahles, ehemalige SPD-Vorsitzende und heutige Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, junge Menschen mit erhobenem Zeigefinger: „Arbeiten ist kein Ponyhof.“ Und Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände, forderte längere Arbeitszeiten und „mehr Bock auf Arbeit“. Arrogante Ansprüche, die meilenweit entfernt sind von dem, was immer mehr Menschen bewegt, die aus guten Gründen eben keinen Bock haben.

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Ökologische und soziale Frage zusammendenken! Und wie sieht die Zukunft der Arbeit aus? 

Podiumsdiskussion mit Lothar Galow-Bergemann (Gruppe Krisis), Johanna Schellhagen (labournetTV), Maximilian Wedekind (Aktivist der Letzten Generation) und N.N. (Sand im Getriebe) Moderation: Peter Nowak (Journalist), Anne Seeck (Teilhabe e.V.)

Donnerstag, 11. Mai 2023, 19.00 bis 21.00 Uhr, Berlin

Mehringhof, Versammlungsraum, Gneisenaustr.2a (U-Bhf. Mehringdamm)

Eine Veranstaltung von Teilhabe e.V.

  • Die Veranstaltung ist mittlerweile HIER nachzuhören
  • Die Antworten von Lothar Galow-Bergemann sind HIER nachzulesen

Die Erde steht vor dem Kollaps: Dürren, Waldbrände, Überflutungen bedrohen immer mehr Menschen. Der Klimawandel geht uns deshalb alle an. Aber die Energiekrise kann zu einem klimapolitischen Rollback führen. So wird der Kohleabbau fortgesetzt, wie die Räumung von Lützerath zeigt. Auch setzen Nachbarländer Deutschlands weiterhin auf Atomkraftwerke. Aber auch hierzulande wird offen eine mögliche Renaissance der Atomkraft beschworen. Während viele Arme am meisten vom Klimawandel betroffen sind und global schon klimaneutral leben, richten die Reichen die größten Klimaschäden an. Offensichtlich darf die Ressourcenverschwendung so nicht weitergehen. Und doch herrschen bei vielen Menschen Blockaden und Ängste in Bezug auf einen ökologischen Wandel vor. Es bilden sich politische Lager, zumal ökologische Themen immer mit der sozialen Frage verwoben sind.

In der Podiumsdiskussion diskutieren wir in folgenden Blöcken:

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Das Elend der Arbeit

Wie das Prinzip Gelderwerb Menschen erniedrigt, Natur zerstört und Autoritarismus befeuert

Vortrag und Diskussion mit Lothar Galow-Bergemann

Montag, 8. Mai 2023, 19.00 Uhr Karlsruhe

Cafe Noir, Schauenburgstr. 5, 76135 Karlsruhe

Eine Veranstaltung von Beat The System | Solidarität statt Konkurrenz im Rahmen der Veranstaltungsreihe Für das Ende der Lohnabeit

Dass wir Arbeiten-müssen-um-Geld-zu-verdienen-damit-wir-leben-können ist das ungeschriebene, aber höchste Gesetz unserer Gesellschaft. Arbeit sei so etwas wie Natur, lautet der allgemeine Konsens. Doch wir arbeiten viel zu viel Unnützes und wir tun viel zu wenig Sinnvolles.

Arbeit und nützliches/sinnvolles/lustvolles Tätigsein sind zwei Paar Stiefel. Unser Lebensunterhalt hängt von einer Megamaschine ab, die wir bedienen müssen und deren Zweck es ist, aus Geld immer mehr Geld zu machen. Unendliches Wachstum, maximaler Profit und steigende Aktienkurse bedeuten ihr alles, das Leben künftiger Generationen nichts. Wo wir hinschauen ist Krise: Die Erde erwärmt sich unaufhörlich, die Ozeane werden vermüllt. Hunger und Armut wachsen, selbst in den reicheren Weltregionen. Pandemien häufen sich. Kriege und Kriegsgefahr werden immer bedrohlicher. Noch nie waren so viele Menschen auf der Flucht.

Es liegt auf der Hand, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Doch viele klammern sich an das, was keine Perspektive mehr hat. In ihren Köpfen spuken Verschwörungsphantasien: „Man will mir meine Arbeit und mein Auto nehmen“, „Mir wird verboten, zu sagen, was ich denke“. Hass und Hetze gegen Klimaaktivist*innen und „Woke“ wirken bis in die „Mitte der Gesellschaft“. Ein neu-alter Autoritarismus breitet sich aus. In ihm gärt rohe Gewalt.

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Auf Sand gebaut

Die globale Arbeitsökonomie und die WM in Katar

von Nikolaus Gietinger

Versão em português

zuerst erscheinen in Jungle World 46/2022 vom 17.November 2022

In den Golfstaaten arbeiten Millionen von Wanderarbeiter:innen, allerdings nicht im Hauptgeschäft mit Öl oder Gas. Sie schuften für die sinnlosen Prestigebauten der futuristischen Wüstenstädte.

Die Liste der Skandale bei der Ausrichtung der Fifa-Fußballweltmeisterschaft der Männer im islamischen Wüstenstaat Katar ist lang: Das Emirat ist bekannt für diverse Menschenrechtsverletzungen, der Bericht »Freedom in the World 2021« der US-amerikanischen NGO Freedom House bewertet das Land mit nur 25 von 100 Punkten als »nicht frei«. Homosexualität steht ­unter Strafe, das auf der Sharia beruhende Gesetzbuch in Katar sieht dafür sieben Jahre Haft vor. Homosexuellen Muslimen droht sogar die Todesstrafe, auch wenn sie hierfür noch nie vollstreckt wurde. Gütigerweise hat ­Katar aber angekündigt, dass Regenbogenflaggen während der WM erlaubt sein werden.

Neben den Korruptionsvorwürfen, die sich um die Vergabe der WM an Katar ranken, ist auch die Situation der Wanderarbeiter:innen, die dort am Bau der Infrastruktur für die WM beteiligt sind, ein vieldiskutiertes Thema. Eine Dokumentation über die menschen­unwürdigen Arbeits- und Unterbringungsbedingungen folgt auf die nächste und alle halbe Jahre muss bilanziert werden, dass sich daran trotz anderslautender Versprechungen nichts gebessert hat. Die UN und verschiedene NGOs fordern völlig zu Recht, dass die sklavereiähnlichen Zustände abgeschafft werden müssen. Was allerdings häufig auf der Strecke bleibt, ist eine Analyse der Gründe für das Gastarbeitersystem, welches nicht nur in Katar besteht, sondern in allen Staaten des Gulf Cooperation Council (GCC), dem Bahrain, Kuwait, Oman, Katar, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate angehören.

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Construindo sobre areia

A economia global do trabalho e a Copa do Mundo no Catar

por Nikolaus Gietinger

Deutsche Version

Publicado pela primeira vez por krisis Kritik der Warengesellschaft

Milhões de migrantes trabalham nos Estados do Golfo, mas não no negócio principal de petróleo ou gás. Eles trabalham arduamente nos prédios de ostentação sem sentido das cidades futuristas do deserto.

A lista de escândalos em torno da realização da Copa do Mundo masculina da Fifa no país desértico e islâmico do Catar é longa: o emirado é conhecido por inúmeras violações de direitos humanos e relatório “Freedom in the World 2021”, da ONG norte-americana Freedom House, classifica o país como “não livre”. A homossexualidade é punida com sete anos de prisão segundo a lei do Catar, baseada na Sharia. Muçulmanos homossexuais enfrentam até a pena de morte, ainda que nunca tenha sido realizada para esse fim. O Catar anunciou amigavelmente que as bandeiras do arco-íris serão permitidas durante a Copa do Mundo.

Além das denúncias de corrupção em torno da escolha do Catar para a Copa do Mundo, a situação dos migrantes envolvidos na construção da infraestrutura para o torneio também é um tema muito discutido. A ONU e várias ONGs exigem, com razão, a abolição de condições análogas à escravidão. No entanto, o que muitas vezes fica no esquecimento é uma análise das razões do sistema de trabalho dos imigrantes, que existe não apenas no Catar, mas em todos os países do Conselho de Cooperação do Golfo (GCC), que inclui Bahrein, Kuwait, Omã, Catar, Arábia Saudita e os Emirados Árabes Unidos.

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Audio: Radikale Arbeitszeitverkürzung, Vergesellschaftung und Selbstorganisation

Wie wir völlig anders wirtschaften könnten

Fabienne Fecht im Gespräch mit Lothar Galow-Bergemann über Gesellschafts- und Wirtschaftsfragen

aufgenommen am 3. Oktober 2022 im Rahmen des ÜBER:MORGEN- Festival der Kultur Region Stuttgart

Wirtschaften wir weiter so, als sei ewiges Wachstum möglich, untergraben wir unsere Lebensgrundlagen und haben zu wenig Zeit für wirklich Wichtiges. Radikale Arbeitszeitverkürzung und ein anderes Verständnis von Eigentum und gesellschaftlicher Teilhabe sind dringend erforderlich.

Fabienne Fecht ist Gewerkschaftssekretärin und promoviert derzeit an der Universität Freiburg in Allgemeiner und Vergleichender Literatur- und Kulturwissenschaft

Lothar Galow-Bergemann schreibt u.a. für Jungle World und Emanzipation und Frieden

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Wer vom Kapitalismus nicht reden will, sollte von Nachhaltigkeit schweigen

Warum wir mit „unserer Wirtschaft“ nie eine nachhaltige Gesellschaft erreichen werden

Vortrag und Diskussion mit Lothar Galow-Bergemann

Donnerstag, 10. November 2022, 19.00 Uhr, Erlangen

Zentrum Wiesengrund, Wöhrmühle 7, 91058 Erlangen

Eine Veranstaltung von Gruppe Antithese

Alle sind für Klimaschutz, aber die globale Erwärmung nimmt unaufhörlich zu. Alle sind für soziale Gerechtigkeit, aber Kinder- und Altersarmut wachsen. Alle wünschen sich mehr freie Zeit zum Leben, aber müssen immer mehr und länger arbeiten. Niemand will die Krise, aber keiner kriegt sie in den Griff. Wunsch und Wirklichkeit gehen so weit auseinander, weil das herrschende Wirtschaftssystem existentiellen Herausforderungen nicht gewachsen ist. Klima- und Coronakrise demonstrieren eindrücklich: Unendliches Wachstum ist ihm wichtiger als Mensch und Natur, maximaler Profit wichtiger als Gesundheit und Lebensqualität, steigende Aktienkurse wichtiger als das Leben künftiger Generationen.

Immer weniger Menschen glauben an den Kapitalismus und wissen, dass es „nicht so weitergehen“ kann. Aber der Ausstieg ist schwer. Solange unser Lebensunterhalt vom Verkauf unserer Arbeitskraft abhängt, sitzen wir in der Falle: Geht es nämlich nicht „so weiter“, ist unser Einkommen gefährdet, von dem wir leben.

Die Überwindung der Wirtschaftsweise, die uns in diese Sackgasse geführt hat, ist buchstäblich zu einer Frage des Überlebens geworden. Eine grundlegende Neuorientierung ist angesagt. Denn eine ökologisch und sozial nachhaltige Gesellschaft ist machbar.

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Computer Says No – Künstliche Intelligenz & Herrschaft

Vortrag und Diskussion mit Oscar Braunert

Donnerstag, 13. Oktober 2022, 19.30 Uhr, Stuttgart

Altes Feuerwehrhaus, Möhringer Str. 56, OG -Saal Raum 2

Gesichtserkennung, Proteine, Go, tanzende Roboter. Künstliche Intelligenz
hangelt sich von Höhepunkt zu Höhepunkt. Im Narrativ der Fortschrittsgläubigen
und Hurra-Optimistischen hat die mathematische Beschreibung der Welt nur eine
Richtung: nach vorne, aber mit Gewalt.

Gewalt hingegen ist es, was durch diese Beschreibungen ausgeführt, in ihnen
festgeschrieben und unter dem Deckmantel der vermeintlichen Neutralität
legitimiert wird. Längst sind viele Menschen im Alltag auf Gedeih und Verderb
den Algorithmen ausgeliefert: sie treiben Arbeiter*innen in der Logistik zu
neuen Höchstleistungen an, lehnen scheinbar willkürlich Kreditanträge ab und
helfen Verdächtige in den Knast zu bringen.

Was also ist ist ein Algorithmus wert, der die Herrschaft beschreibt? Was eine
Intelligenz, die nur das Gestern reproduzieren kann? Und was eine Gesellschaft,
die das Gestern zum Morgen machen möchte?

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Montagstalk »MEIN ÜBER:MORGEN«

Gesellschafts- und Wirtschaftsfragen

Fabienne Fecht im Gespräch mit Lothar Galow-Bergemann

Montag, 3. Oktober 2022, 18.00 Uhr, Esslingen/Neckar

Festivalzentrum Merkelpark, Pulverwiesen

im Rahmen des ÜBER:MORGEN- Festival der Kultur Region Stuttgart

Wirtschaften wir weiter so, als sei ewiges Wachstum möglich, untergraben wir unsere Lebensgrundlagen und haben zu wenig Zeit für wirklich Wichtiges. Radikale Arbeitszeitverkürzung und ein anderes Verständnis von Eigentum und gesellschaftlicher Teilhabe sind dringend erforderlich.

Fabienne Fecht ist Gewerkschaftssekretärin und promoviert derzeit an der Universität Freiburg in Allgemeiner und Vergleichender Literatur- und Kulturwissenschaft

Lothar Galow-Bergemann schreibt u.a. für Jungle World und Emanzipation und Frieden

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Radikal, Was sonst?

Proteste für Sozialpolitik und Klimaschutz müssen Druck auf die Regierung sowie Konzerne ausüben und den Rechten die Tour vermasseln.

Kommentar von Lothar Galow-Bergemann

erschienen in Jungle World 32/2022 vom 11. August 2022

Dass sich eine Krise von ungekannter Größenordnung zusammenbraut, pfeifen die sprichwörtlichen Spatzen von den Dächern. Angst vor Inflation, kalten Wohnungen, sinkendem Lebensstandard und Verlust des Arbeitsplatzes greift um sich. Sie fällt auf einen Nährboden, der seit Jahren gut bereitet wurde. Schon heutzutage sind dem Paritätischen Wohlfahrtsverband zufolge etwa 13,8 Millionen Menschen in Deutschland arm; sie haben weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung. Im nächsten Herbst und Winter dürfte so ziemlich alles zusammenkommen: Wut, Angst, Verzweiflung, Kriegsfurcht sowie Armut. Und die nächste Coronawelle steht auch noch an.

Angesichts dessen bietet die Ampelkoalition ein äußerst schlechtes Bild. Während große staatliche Ausgabenprogramme für Soziales und Klimaschutz nötig wären, hält sie das desaströse Regime der sogenannten Schuldenbremse hoch. Während die Profitraten von Energie- und Rüstungskonzernen in die Höhe schießen, kann sie sich noch nicht einmal auf eine Übergewinnsteuer einigen, mit der wenigstens einiges Dringendes zu refinanzieren wäre. Anstatt die gestiegenen Energiepreise mit staatlichen Zuschüssen an die Unternehmen zu begleiten, plant sie eine sogenannte Gasumlage, die den Endverbraucherinnen und -verbrauchern im Herbst exorbitante Rechnungen ins Haus flattern lassen und die verständliche Empörung weiter anheizen dürfte.

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Die ewig gleichen Rituale haben ausgedient. Stellen wir uns der Wirklichkeit – Rede zum 1. Mai 2022

von Lothar Galow-Bergemann

gehalten in Siegen

Wie sich Gesellschaft, Gewerkschaft, Friedensbewegung und Linke ändern müssen

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Fallstricke der Emanzipation

Autoritäres und Regressives in der Linken gestern und heute

Vortrag und Diskussion mit Lothar Galow-Bergemann

Donnerstag, 9. Juni 2022, 18.30 Uhr, Siegen

VORTEX Biergarten, Auf den Hütten 4, 57076 Siegen-Weidenau

Eine Veranstaltung von Antifa Café Siegen

Alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist. Besser lassen sich Anspruch und Programm menschlicher Emanzipation nicht auf den Punkt bringen. Wenn der Begriff Links Sinn hat, dann diesen. Oft sehen linke Theorie und Praxis jedoch ganz anders aus. Was längst überwunden sein sollte, lebt auch in vielen linken und linksradikalen Strukturen und Denkweisen fort: Die Herrschaft von Zwangsgemeinschaften und von Menschen über andere Menschen.

Das kann sich in Männlichkeitskult und sexistischem Verhalten äußern, in der Vorliebe fürs Agitieren statt fürs Argumentieren oder in der Vorstellung, antifaschistische Akteur*innen seien stets im Recht, was auch immer sie tun. Aber auch im Glauben, man sei zur „Führung der Arbeiterklasse“ berufen. Der Griff in die Mottenkiste staatssozialistischer Parteidiktaturen und Sympathie für autoritäre Führergestalten wie Lenin liegen da oft nahe. Der Glaube, „die Klasse und das Volk“ brauche eigentlich nur die richtigen Führer, korreliert zudem mit zwei ebenso absurden wie folgenreichen Fehleinschätzungen: Nationalsozialismus und Antisemitismus seien die Folge rechter Verführungskünste und bürgerlich-rechtsstaatliche Verhältnisse seien letztlich ebenfalls „faschistisch“.

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Wie groß muss die Krise noch werden, damit wir verstehen?

Wie sich Gesellschaft, Gewerkschaft, Friedensbewegung und Linke ändern müssen

von Lothar Galow-Bergemann

Rede auf der Kundgebung „Heraus zum Roten 1.Mai“ in Siegen, 1. Mai 2022

Was wir zur Zeit erleben, macht Angst. Eine Krise jagt die andere. Was wird aus der Welt? Was wird aus uns? Aber Angst ist ein schlechter Ratgeber. Man muss kühlen Kopf bewahren und die Dinge analysieren. Wir hier sind uns alle einig: Es braucht eine grundlegende gesellschaftliche und politische Wende, weltweit.

Aber in vielen wichtigen Fragen sind wir uns nicht einig. Ich möchte deswegen über ein paar Dinge in der Linken und in den Gewerkschaften sprechen, die aus meiner Sicht anders werden müssen. Versteht es als Diskussionsangebot. Und weil man das ja immer dazu sagen muss: Mit der Linken meine ich nur nebenbei die Partei gleichen Namens, ich meine die Linke als gesellschaftspolitische Strömung.

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Arbeit macht unfrei

Zum Zusammenhang von Arbeitsfetisch und Antisemitismus

Vortrag und Diskussion mit Lothar Galow-Bergemann

Donnerstag, 19. Mai 2022, 19 Uhr, Halle/Saale

Melanchthonianum, Hörsaal A, Universitätsplatz 9

Eine Veranstaltung von Alternatives Vorlesungsverzeichnis des Stura der Uni Halle

Wer streikt, macht zwei Erfahrungen: Dass es gut ist, sich zu wehren. Und dass, selbst wenn man erfolgreich war, danach doch alles irgendwie beim Alten bleibt. Dass wir lebenslänglich arbeiten-müssen-um-Geld-zu-verdienen-damit-wir-leben-können ist das ungeschriebene, aber höchste Gesetz der bürgerlichen Gesellschaft. Arbeit sei so etwas wie Natur, lautet der allgemeine Konsens. Wer etwas gegen sie hat, gilt als verrückt oder faul, meistens als beides.

Nicht immer wurde die Arbeit so überhöht wie heute. In der Antike hatte sie sogar einen ausgesprochen schlechten Ruf. Mit Beginn der Neuzeit jedoch erfuhr sie religiöse Weihen. Das protestantische Arbeitsethos stand an der Wiege des Kapitalismus. Das Bürgertum, die Arbeiterbewegung und der Nationalsozialismus haben die Arbeit förmlich verherrlicht.

Doch auch wenn es dem herrschenden Bewusstsein noch so uneinsichtig ist: Arbeit und nützliches/ sinnvolles/lustvolles Tätigsein sind zwei Paar Stiefel. Weiterlesen

Fallstricke der Emanzipation

Autoritäres und Regressives in der Linken gestern und heute

Vortrag und Diskussion mit Lothar Galow-Bergemann

Samstag, 28. Mai 2022, 16.00 Uhr, Mannheim

Jugendkulturzentrum forum, Neckarpromenade 46

Eine Veranstaltung im Rahmen der VI. Anarchistischen Buchmesse Mannheim

Alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist. Besser lassen sich Anspruch und Programm menschlicher Emanzipation nicht auf den Punkt bringen. Wenn der Begriff Links Sinn hat, dann diesen. Oft sehen linke Theorie und Praxis jedoch ganz anders aus. Was längst überwunden sein sollte, lebt auch in vielen linken und linksradikalen Strukturen und Denkweisen fort: Die Herrschaft von Zwangsgemeinschaften und von Menschen über andere Menschen.

Das kann sich in Männlichkeitskult und sexistischem Verhalten äußern, in der Vorliebe fürs Agitieren statt fürs Argumentieren oder in der Vorstellung, antifaschistische Akteur*innen seien stets im Recht, was auch immer sie tun. Aber auch im Glauben, man sei zur „Führung der Arbeiterklasse“ berufen. Der Griff in die Mottenkiste staatssozialistischer Parteidiktaturen und Sympathie für autoritäre Führergestalten wie Lenin liegen da oft nahe. Der Glaube, „die Klasse und das Volk“ brauche eigentlich nur die richtigen Führer, korreliert zudem mit zwei ebenso absurden wie folgenreichen Fehleinschätzungen: Nationalsozialismus und Antisemitismus seien die Folge rechter Verführungskünste und bürgerlich-rechtsstaatliche Verhältnisse seien letztlich ebenfalls „faschistisch“.

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Enough sweating!

by Lothar Galow-Bergemann

In a study worth reading, sociologist Steffen Liebig examines models of working time reduction from a social and ecological perspective

german version

[This article published on January 20, 2022 is translated from the German on the Internet.]
published in Jungle World, January 20, 2022

For decades, trade unions have made little progress in demanding a reduction of working hours. After the struggles of the 1980s over the 35-hour week, a leaden calm settled over the country for what felt like an eternity. The temporary introduction of a four-day week at VW between 1994 and 2006 gave rise to certain hopes, but these were soon abandoned. All in all, there was a threat of regression. Although hardly a trade union conference went by without a new standard for working hours being demanded in eloquent and well-founded terms, the results were not forthcoming. Those who for decades have only been able to make demands and move practically nothing are obviously in crisis. This shows the dwindling power of the trade unions under the conditions of global competition between locations and technologically driven productivity growth. Weiterlesen