Klassenkampf: Zaubermittel gegen Faschismus?

Nachhaltige Antworten auf die autoritäre Welle müssen anders aussehen

Vortrag und Diskussion mit Lothar Galow-Bergemann

Dienstag, 4. Juni 2024, 19.00 Uhr, Mönchengladbach

Astoria, Waldhausener Str. 14

Eine Veranstaltung von AStA der Hochschule Niederrhein und antifa désaccord Krefeld im Rahmen der Veranstaltungsreihe Antifaschistische Bildung

Klassenkampf muss sein. Aber höherer Lohn macht nicht antirassistisch, bezahlbarer Wohnraum nicht feministisch und ein Kindergartenplatz nicht kritisch gegen Verschwörungsdenken. Arbeiter*innen sind nicht von Autoritären und Faschisten „verführt“, sie haben ihren eigenen Kopf. Können sie ihre Arbeitskraft nicht verkaufen, ist ihr Lebensunterhalt gefährdet. Dieser Zwang ist eine Brutstätte des Autoritarismus. Zumal in Krisenzeiten. „Wer setzt sich durch – ich oder du, wir oder sie?“ Die rechte Welle entspringt der menschenfeindlichen kapitalistischen Ellenbogenkonkurrenz. Nur Kämpfe, die die Fesseln des Interesses von Arbeitskraftverkäufer*innen sprengen, können antikapitalistisch, antipatriarchal und antifaschistisch sein. „Klassenidentität“ hilft da nicht weiter.

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Audio: Fallstricke der Emanzipation

Autoritäres und Regressives in der Linken gestern und heute

Vortrag von Lothar Galow-Bergemann

gehalten am 17. April 2024

Alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist. Besser lassen sich Anspruch und Programm menschlicher Emanzipation nicht auf den Punkt bringen. Wenn der Begriff Links Sinn hat, dann diesen. Oft sehen linke Theorie und Praxis jedoch ganz anders aus. Was längst überwunden sein sollte, lebt auch in vielen linken und linksradikalen Strukturen und Denkweisen fort: Die Herrschaft von Zwangsgemeinschaften und von Menschen über andere Menschen.

Das kann sich in Männlichkeitskult und sexistischem Verhalten äußern, in der Vorliebe fürs Agitieren statt fürs Argumentieren oder in der Vorstellung, antifaschistische Akteur*innen seien stets im Recht, was auch immer sie tun. Aber auch im Glauben, man sei zur „Führung der Arbeiterklasse“ berufen. Der Griff in die Mottenkiste staatssozialistischer Parteidiktaturen und Sympathie für autoritäre Führergestalten wie Lenin liegen da oft nahe. Der Glaube, „die Klasse und das Volk“ brauche eigentlich nur die richtigen Führer, korreliert zudem mit zwei ebenso absurden wie folgenreichen Fehleinschätzungen: Nationalsozialismus und Antisemitismus seien die Folge rechter Verführungskünste und bürgerlich-rechtsstaatliche Verhältnisse seien letztlich ebenfalls „faschistisch“.

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Förderprogramm „Junges Wohnen“: Azubis bleiben auf der Strecke

von Minh Schredle

(zuerst erschienen in Kontext: Wochenzeitung Ausgabe 681 am 17. April 2024)

Der Bund hat Baden-Württemberg gut 30 Millionen Euro überwiesen, um Wohnraum für Azubis zu schaffen. Aber das Geld ist nicht dort angekommen, wo es hin sollte. Warum, erklärt die zuständige Ministerin Nicole Razavi (CDU) mit einem Grinsen.

Die „Preise von Wohnimmobilien fallen in Rekordtempo“, berichtete die „Tagesschau“ vergangenen Dezember. Ein Experte führt aus, dass eine Spekulationsblase geplatzt sei und nun der stärkste Preisrückgang seit über 20 Jahren zu beobachten sei. Wer zur Miete wohnt, profitiert von dieser Entwicklung allerdings nicht – im Gegenteil: In Großstädten haben die Mietpreise zum Jahresanfang ein neues Rekordniveau erreicht.

Insbesondere junge Menschen sind betroffen. Vom Eigenheim träumen viele gar nicht erst, nicht einmal eine Mietwohnung ist für sie finanzierbar. Selbst mit einem WG-Zimmer wird es immer kniffliger: So lagen die bundesweiten Durchschnittskosten für eine gemeinsam bewohnte Wohnung noch 2018 bei 372 Euro pro Person. Neue Zahlen für das Jahr 2023 kommen hingegen schon auf 479 Euro, wobei die Situation in begehrten Städten noch weitaus dramatischer ist. Weiterlesen

Polizeigewalt: Der Schlächter von Hamburg

von Minh Schredle

(zuerst erschienen in Kontext: Wochenzeitung Ausgabe 680 am 10. April 2024)

Er freut sich darauf, im Einsatz linke Zecken zu verprügeln und gilt polizeiintern als Menschenfeind: Kontext liegen Chatprotokolle vor, in denen der Beamte Rainer Jäger (Name geändert) mit Gewalttaten prahlt. Konsequenzen hatte das bislang nicht, aber das könnte sich bald ändern.

Am 28. Juli 2017 bekommt Polizeiobermeister Rainer Jäger, der in Wahrheit anders heißt, eine Nachricht: Wie war es denn in Hamburg?, will jemand wissen. Jäger, damals 28 Jahre alt, war von Baden-Württemberg aus im Einsatz, um den G20-Gipfel 2017 abzusichern. Doch nach Ausschreitungen zwischen Polizei und Demonstrant:innen schreibt er: „Schlimm. Diese ganze Gewalt und Zerstörung.“ Kurz darauf folgt die Aufklärung: „Das war ein Scherz. Es war Mega gut.“ Er habe „ordentlich ausgeteilt“ und „hoffe nur das ich keine Post aus hh bekomme“. Die Post kam – doch Jäger hat sich zu Unrecht Sorgen gemacht.

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Schaufenstersadismus

Die CDU fordert noch härtere Sanktionen für Erwerbslose, die »zumutbare Arbeit« verweigern

von Minh Schredle

(zuerst erschienen in Jungle World)

Die CDU droht mit einer »Agenda 2030« und will noch härtere Sanktionen für Bürgergeld-Beziehende. Dabei kann denen das Existenzminimum bereits vollständig gestrichen werden.

Im November 2022 war die Union noch stolz auf ihre Verhandlungsleistung. Ein Systemwechsel sei bei der Hartz-IV-Reform verhindert worden, informierte die CDU in einer Pressemitteilung: »Sanktionen bleiben, ein bedingungsloses Grundeinkommen gibt es nicht.« Beim politischen Streit um das Bürgergeld sei ein »guter Kompromiss« mit der Bundesregierung erreicht worden, dem die Union im Bundesrat schließlich zustimmte.

6 Monate später scheint die CDU ihren Erfolg vergessen zu haben. Kürzlich teilte sie in einer Pressemitteilung mit, dass sie „das Bürgergeld in der jetzigen Form abschaffen“ wolle. „Wenn jemand eine zumutbare, angemessene Arbeit ablehnt, die ihm angeboten wurde, passiert nichts. Das kann nicht sein.“ Für Generalsekretär Carsten Linnemann sei es aber „gesunder Menschenverstand“, dass „Menschen, die arbeiten können, auch arbeiten gehen müssen“. Für die CDU steht fest: „Wer zumutbare Arbeit mehr als drei Monate verweigert, gilt nicht als bedürftig“ und soll deshalb über die Zahlungen für Miete und Nebenkosten hinaus keinerlei Unterstützung vom Staat bekommen. Das ist der Partei so wichtig, dass sie eine Reform des Bürgergelds sogar zur Bedingung für eine Koalition auf Bundesebene erklärt.

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Was würde Blümchen tun?

„Benjamin Blümchen und der Kampf der Klassen“

von Minh Schredle

(zuerst erschienen in Kontext: Wochenzeitung Ausgabe 679 am 3. April 2024)

Jetzt streiken auch noch die Tiere: Nach Aufführungen bei der Vergesellschaftungskonferenz und einem krisentheoretischen Sommerzeltlager ist das Theaterstück „Benjamin Blümchen und der Kampf der Klassen“ nun im Esslinger Kulturzentrum Komma zu sehen.

Natürlich hat Zoodirektor Tierlieb vollstes Verständnis für die Interessen seines Personals, und er würde sie ja auch wirklich gerne noch besser bezahlen. Aber das letzte Jahr war hart für ihn, als Realist muss er einsehen, dass die finanziellen Spielräume leider begrenzt sind und jeder Euro nur einmal ausgegeben werden kann. So bemüht sich der Arbeitgeber, die Belegschaft zu vertrösten. Aber Tierpfleger Karl hat genug, nachdem er die Lange Nacht des Zoos ohne Zulage durcharbeiten musste. Mit ebenfalls Unzufriedenen hat er eine Betriebsgruppe gegründet, die den Arbeitskampf organisiert. Und nun sitzt Benjamin Blümchen zwischen allen Stühlen. Er mag die Beschäftigten, möchte, dass es ihnen gut geht und dass sie zufrieden sind mit ihren Arbeitsbedingungen. Aber falls er sich mit ihrem Streik solidarisieren sollte, droht der Klassenfeind mit gekürzten Zuckerrationen.

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Vom Atomabkommen mit dem Iran zum 7. Oktober

Warum deutsche Politik für die aktuelle Eskalation im Nahen Osten mitverantwortlich ist

Vortrag und Diskussion mit Stephan Grigat

Mittwoch, 24. April 2024, 19 Uhr, Stuttgart

Haus der Geschichte, Otto-Borst-Saal, Konrad-Adenauer-Straße 16, 70173 Stuttgart

Eine Veranstaltung der DIG Region Stuttgart e.V. in Kooperation mit dem Förderverein Emanzipation und Frieden e.V.

Die Vernichtungsaktion der Hamas und das Pogrom in Südisrael waren nur durch jahrelange Unterstützung aus Teheran möglich, und die Voraussetzung für diese Unterstützung waren die Milliardengeschäfte deutscher Unternehmen mit dem iranischen Regime, die in den letzten Jahrzehnten von ausnahmslos allen deutschen Parteien und Regierungen gefördert wurden. Solange es zu keiner 180-Grad-Wende in der Politik gegenüber dem Regime im Iran kommt, die perspektivisch auf einen Sturz der Machthaber in Teheran setzen müsste, bleiben die Solidarisierungen mit dem angegriffenen Israel genauso billige Rhetorik wie die formelhaften Beschwörungen eines „Nie wieder“ und „Wehret den Anfängen“.

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Arbeit macht unfrei

Zum Zusammenhang von Arbeitsfetisch und Antisemitismus

Vortrag und Diskussion mit Lothar Galow-Bergemann

Freitag, 19. April 2024, 19 Uhr, Bremen

Universität Bremen, Geisteswissenschaften 2, GW2 B2880

Universitäts-Boulevard 11/13, 28359 Bremen

Eine Veranstaltung des AStA der Universität Bremen und der SJ Die Falken Bremen im Rahmen der Antifaschistischen Hochschultage 2024

Lebenslänglich arbeiten müssen um Geld zu verdienen damit wir leben können ist das höchste Gesetz der bürgerlichen Gesellschaft. Arbeit sei so etwas wie Natur, lautet der allgemeine Konsens. Wer etwas gegen sie hat, gilt als verrückt oder faul, meistens als beides.

Nicht immer wurde die Arbeit so überhöht wie heute. In der Antike hatte sie sogar einen ausgesprochen schlechten Ruf. Mit Beginn der Neuzeit jedoch erfuhr sie religiöse Weihen. Das protestantische Arbeitsethos stand an der Wiege des Kapitalismus. Das Bürgertum, die Arbeiterbewegung und der Nationalsozialismus haben die Arbeit förmlich verherrlicht.

Doch auch wenn es dem herrschenden Bewusstsein noch so uneinsichtig ist: Arbeit und nützliches/ sinnvolles/lustvolles Tätigsein sind zwei Paar Stiefel. Auch ist Arbeit kein „antagonistischer“ Gegensatz zum Kapital. Sie ist vielmehr herrschendes Formprinzip der warenproduzierenden Gesellschaft, deren Ausgangs- und Zielpunkt nicht etwa der stoffliche Reichtum ist, von dem alleine wir leben, sondern der abstrakte (Geld-)reichtum einer Megamaschine aus ewigem Wachstum und Maximalprofit.

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Organisierte Mitgliederverarsche

Wie die Porsche AG beim VfB Stuttgart mitspielt

von Minh Schredle

(zuerst erschienen in Kontext: Wochenzeitung Ausgabe 678 am 27. März 2024)

Tanja Gönner gegen Claus Vogt: Der Machtkampf beim VfB Stuttgart hinterlässt Spuren. Das Verhältnis zwischen Führung und Fanszene ist nachhaltig beschädigt, die „Cannstatter Kurve“ fühlt sich „verraten und verkauft“ und fordert personelle Konsequenzen.

Von Anfang an gab es Bedenken, dass dem Traditionsverein ein kommerzieller Ausverkauf drohen könnte: Vor der VfB-Mitgliederversammlung 2017 entbrannte eine emotionale Debatte um die Ausgliederung der Profifußball-Sparte in eine Aktiengesellschaft. Der damalige Vereinspräsident Wolfgang Dietrich zog viele Register, um für diesen Schritt zu werben und ein schlagendes Argument waren die 100 Millionen Euro, die über eine Investorenbeteiligung eingesammelt werden sollten – in einer Phase, in der die finanzielle Lage des Vereins nicht besonders rosig aussah. Mitglieder zeigten sich allerdings besorgt, dass ihre Mitbestimmungsmöglichkeiten zulasten der Geldgeber eingeschränkt werden könnten. Also versuchte Dietrich die Wogen mit einem Versprechen zu glätten: Demnach sollte der von Mitgliedern gewählte Vereinspräsident stets auch dem Aufsichtsrat der neuen Aktiengesellschaft vorsitzen.

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Fallstricke der Emanzipation

Autoritäres und Regressives in der Linken gestern und heute

Vortrag und Diskussion mit Lothar Galow-Bergemann

  • Der Vortrag ist mittlerweile HIER zu hören

Dienstag, 16. April 2024, 19.30 Uhr, Köln

Bottmühle, Severinswall 32, 50678 Köln

Eine Veranstaltung von Polaris Gruppe für materialistische Gesellschaftskritik, SJ – Die Falken KV Köln und StAVV Studierendenausschuss

Mittwoch, 17. April 2024, 20.00 Uhr, Bonn

Hörsaal VIII, Hauptgebäude der Uni Bonn, Regina-Pacis-Weg 6

(Zugang ab 19.45 Uhr)

Eine Veranstaltung von Mis en Misère

Donnerstag, 18. April, 19.00 Uhr, Gießen

AK 44, Alter Wetzlarer Weg 44, 35392 Gießen

Eine Veranstaltung von AK 44 Autonomes Kulturzentrum

Alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist. Besser lassen sich Anspruch und Programm menschlicher Emanzipation nicht auf den Punkt bringen. Wenn der Begriff Links Sinn hat, dann diesen. Oft sehen linke Theorie und Praxis jedoch ganz anders aus. Was längst überwunden sein sollte, lebt auch in vielen linken und linksradikalen Strukturen und Denkweisen fort: Die Herrschaft von Zwangsgemeinschaften und von Menschen über andere Menschen.

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Lokaljournalismus: Systemrelevante Selbstausbeutung

von Minh Schredle

(zuerst erschienen in Kontext: Wochenzeitung Ausgabe 676 am 13. März 2024)

Die Pressevielfalt schwindet und dort, wo nicht mehr berichtet wird, erstarkt der Populismus. Kürzlich hat eine Studie diesen Zusammenhang am Beispiel baden-württembergischer Gemeinden untersucht. Kontext hat Reaktionen gesammelt.

Ganz im Osten Baden-Württembergs, an der Grenze zu Bayern, liegt die Gemeinde Fichtenau, die mit ihren knapp 5.000 Einwohner:innen „zu klein ist für eine eigene Zeitung“. So sagt es Anja Schmidt-Wagemann, die parteilose Bürgermeisterin, die gerade am Anfang ihrer zweiten Amtszeit steht und stolz ist auf ihren Ort: Auf Facebook teilt sie regelmäßig idyllische Schnappschüsse, zum Beispiel von eingeschneiten Wanderwegen oder vom Blick auf den kleinen See Brettenweiher, und immer mit dem Kommentar: „So schön ist Fichtenau …“

Doch wenn die Gemeinde in Schlagzeilen auftaucht, ist der Anlass meist weniger hübsch: Dann gab es vielleicht eine Schlägerei im Ortsteil Matzenbach. „Oftmals wird nur was Reißerisches oder Negatives gesucht“, ärgert sich Schmidt-Wagemann, die eigentlich überzeugt ist, dass „mehr Aufklärung und Information aus erster Hand sinnvoll wäre“. Aber eben sorgfältig recherchiert und nüchtern aufbereitet. „Wir haben einen Reporter, der in unserer Gemeinde wohnt“, erklärt die Bürgermeisterin gegenüber Kontext. „Seine Berichte sind immer angenehm zu lesen und sehr sachlich. Allerdings schreibt er nicht so oft über uns – und zudem hat er jetzt auch noch gekündigt.“

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Benjamin Blümchen und der Kampf der Klassen

Eine Parodie mit Lara Wenzel & Matheus Hagedorny (Leipzig)

Mittwoch, 10. April 2024, 19.30 Uhr, Esslingen/Neckar

KOMMA Jugend und Kultur, Maille 5-9, 73728 Esslingen

Eine gemeinsame Veranstaltung von KOMMA Jugend und Kultur, DGB-Kreisverband Esslingen-Göppingen, DGB Hochschulgruppe Esslingen, Jusos Esslingen, Grüne Jugend Esslingen, Fridays for Future, Kreisjugendring Esslingen e.V. und Emanzipation und Frieden

Benjamin Blümchen ist ein sprechender Elefant im Neustädter Zoo. Immer wieder schlüpft er in neue Rollen und probiert Berufe aus. Doch seine Treue gilt dem Zoo, der sich mehr schlecht als recht über Wasser hält.
Als die Belegschaft mit Streik droht, weiß er weder ein noch aus. Unterstützt er den Arbeitskampf um Zoowärter Karl, Würstchenbräter:in Noa und Verwaltungsmitarbeiterin Anette? Oder hält er sich an Zoodirektor Herr Tierlieb, der ihm sonst seine Zuckerstückchenration kürzen will? Wird Benjamin aus dem Verblendungszusammenhang befreit werden? Das Publikum wird mitentscheiden, wie der Arbeitskampf politisch umgesetzt wird.

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Renditewachstumsgesetz

Die Bundesregierung will trotz des Sparhaushalts Unternehmen steuerlich entlasten

von Minh Schredle

(zuerst erschienen in Jungle World)

Die Bundesregierung plant, Unternehmen mit milliardenschweren Steuergeschenken zu entlasten. Beim Sozialstaat soll zukünftig gespart werden, meint Finanzminister Christian Lindner (FDP).

Schaut man auf die Schlagzeilen in deutschen Medien, kann der Eindruck entstehen, es brauche beim Taumeln am Abgrund nur noch einen kleinen Schubs, dann stürze die deutsche Wirtschaft ab und überall im Land gingen die Lichter aus. Auch Industriegiganten wie Bayer und Volkswagen haben angekündigt, Stellen abzubauen, und schwören ihre Belegschaften unter ostentativem Ächzen auf schwere Zeiten ein.

Tatsächlich steht Deutschland am Rand der Rezession, die Bundesbank geht davon aus, dass die Wirtschaft dieses Jahr »bestenfalls stagnieren« werde. Dabei haben die großen Konzerne die wirtschaftlich turbulenten vergangenen Jahre bislang sehr gut überstanden. 2022 konnten sich viele der 40 größten deutschen Unternehmen noch über Rekordgewinne freuen.

Wie hat das geklappt, trotz Krieg und Inflation? Henrik Ahlers, Deutschland-Vorsitzender der Beratungsfirma EY, erklärte dazu erfrischend unverblümt: »Den meisten Dax-Unternehmen gelang es, hohe Kosten bei Personal, Beschaffung und Energie an ihre Kunden weiterzugeben.«

Hart waren diese Jahre vor allem für Leute, die wenig Geld verdienen. Jahrelang sanken die Reallöhne in Deutschland. Erst 2023 sind sie zum ersten Mal wieder gestiegen – um sage und schreibe durchschnittlich 0,1 Prozent im Vergleich zu 2022. Das macht die Kaufkraftverluste der vergangenen Jahre natürlich nicht wett.

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Kampf gegen rechts: Sag, wie hältst Du’s mit der Antifa?

von Minh Schredle

(zuerst erschienen in Kontext: Wochenzeitung Ausgabe 673 am 21. Februar 2024)

Auf einigen Demos gegen rechts war „die Antifa“ zuletzt unerwünscht. Der Historiker Richard Rohrmoser wirbt für einen differenzierten Blick auf eine ambivalente Bewegung – und erinnert daran, dass die Einheitsfront gegen den Faschismus schon einmal zu spät kam.

Breite Bündnisse sollten es sein, da waren sich im Grunde alle einig in Sigmaringen, Lahr oder Leonberg. Wie in vielen Städten und Gemeinden gab es hier in den vergangenen Wochen große Demonstrationen gegen rechtsextreme Deportationsfantasien, und die Initiator:innen der Proteste zeigten sich überrascht, weil sie so viel Rückhalt selten erlebt hatten: Auf einmal unterstützten Turnvereine und Kleinunternehmen die Aktionen, eher unpolitische Kreise wirkten aufgerüttelt. Doch wie die Organisator:innen gegenüber Kontext betonten, wollten sie auf ihren Demos „weder Rechts- noch Linksradikale“, also auch keine Antifa mit Verweis auf deren Gewaltbereitschaft.

Dass dieser Vorwurf nicht ganz unbegründet ist, macht der Historiker Richard Rohrmoser an autonomen Gruppen fest, die sich teils offen zu Militanz bekennen. Oftmals würden „die Grenzen friedlicher Konfliktaustragung“ überschritten, Aktivist:innen reklamierten „punktuell ein Recht auf ‚Gewalt als politisches Lösungsmittel'“ und würden sich so zur Selbstjustiz ermächtigen. Das stoße auch auf enorme öffentliche Kritik. Allerdings weist er auch darauf hin, dass dabei „vielfach die Ambivalenzen der Antifa-Bewegung ausgeblendet und antifaschistische Aktivist:innen undifferenziert als ‚Systemoppositionelle‘ und ’schwarzgekleidete Terrorist:innen‘ pauschalisiert“ würden.

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So nimm denn meine Hände und führe mich

Zur Konjunktur von Irrationalismus und Religiosität in Zeiten von Krise und Autoritarismus

Vortrag und Diskussion mit Lothar Galow-Bergemann

Donnerstag, 4. April 2024, 19.00 Uhr, Sulzbach-Rosenberg

Buchhandlung Volkert, Rosenberger Straße 12, 92237 Sulzbach-Rosenberg

Eine Veranstaltung von Punk e.V.

Die tiefe gesellschaftliche Krise bringt nicht nur Unsicherheit und Zukunftsangst mit sich, sondern auch völlig irrationale Denk- und Handlungsweisen. Wenn gegen Gesundheitsschutz demonstriert, der Klimawandel abgestritten oder nationale Abschottung gefordert wird, stehen weder Wissen noch Kritikfähigkeit Pate. Man will lieber, wie es in jenem Kirchenlied heißt, „die Augen schließen und glauben blind“. Vorzugsweise an „mächtige Kreise“, die einem Böses wollen.

Damit einher geht die Sehnsucht nach „guten Mächten“, zu denen sich aufblicken lässt. Starke Autoritäten, die Halt und Orientierung versprechen, haben Konjunktur. Ein Heimspiel für Religionen. Nicht zufällig erleben sie im Zeichen der weltweiten autoritären Welle einen Aufschwung.

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Audio: Was ist Antisemitismus? Was ist Israel?

Vortrag von Lothar Galow-Bergemann

gehalten am 19. Februar 2024 in Karlsruhe

Cafe Noir, Schauenburgstr. 5, 76135 Karlsruhe

Eine Veranstaltung von Solidarische Perspektiven

(Fast) alle sind gegen Antisemitismus – und wissen trotzdem nicht, was er ist. Viele Linke glauben, sie seien dagegen immun, weil sie Antirassist*innen sind. Doch Antisemitismus ist etwas völlig anderes als Rassismus. Er ist eine Verschwörungsideologie mit antikapitalistischem Anspruch, die nichts vom Kapitalismus kapiert hat. Linke, die von „der profitgierigen Kapitalistenklasse“ reden und Klimaaktive, die glauben, „die Reichen“ seien an der Klimakrise schuld, sind deswegen keine Antisemit*innen – aber anfällig für antisemitische Denkmuster. Auch auf Coronademos wurde von Milliardären phantasiert, die „schuld sind“.

Der moderne Antisemitismus wurzelt im zwei Jahrtausende alten christlichen Antijudaismus, der die Juden als Inkarnation des Bösen schlechthin imaginiert. Von Europa aus verbreitete er sich weltweit. Seinen bisherigen Höhepunkt fand er in der Shoah. Die Nationalsozialisten setzten die eingebildeten „Gierigen und Mächtigen, die die Welt versklaven“ mit „den Juden“ gleich.

Seit der Gründung des Staates Israel am 14. Mai 1948 weiß jede Jüdin, gleich wo sie lebt: Kommt es wieder ganz schlimm, gibt es immer noch den jüdischen Staat. Das bestialische Massaker der Hamas vom 7. Oktober 2023 zielte vorsätzlich auf dieses Schutzversprechen. Die Dimension dieser tiefen Zäsur für die israelische Gesellschaft und alle Jüdinnen und Juden kann nur ermessen, wer sich über den antisemitischen Vernichtungswahn der Hamas, der Hisbollah, des iranischen Regimes und seiner Verbündeten im Klaren ist. Israel verstehen heißt seine Gegner verstehen. Beides geht nur, wenn man Antisemitismus verstanden hat. Wer hingegen von Israel als „Kolonialprojekt“ oder „Apartheidstaat“ spricht, hat nichts verstanden.

Lothar Galow-Bergemann schreibt u.a. für Jungle World und Emanzipation und Frieden

Explosionsgefahr

Soziale Medien und Bauernproteste

von Minh Schredle

(zuerst erschienen in Kontext: Wochenzeitung Ausgabe 673 am 21. Februar 2024)

Erzählungen von schlimmen Grünen, die das Land ruinieren, sind gerade ziemlich beliebt. Auch bei den Bauernprotesten ist plumpe Hetze virulent. Wer mobilisiert zu Aktionen wie in Biberach?

„Rechte und andere radikale Gruppierungen mit Umsturzgelüsten wollen wir auf unseren Demos nicht haben“, hatte Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbands (DBV), bereits Anfang Januar erklärt. Anlass waren etwa 250 bis 300 Bauern, die einen Fähranleger im schleswig-holsteinischen Schlüttsiel blockiert hatten und so den grünen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck daran hinderten, ein Schiff zu verlassen. Die Stimmung wirkte aufgeheizt und aggressiv, für viele Politiker:innen war mit dieser Form des Protests eine Grenze überschritten.

Seitdem kursiert in sozialen Netzwerken eine kreisrunde Grafik, die die Aktion feiert. Darauf der Slogan: „Wenn der Bauer steht am Stand, kommt der Habeck nicht an Land.“ Zu sehen war ein entsprechend bedrucktes Plakat auch vergangene Woche in Biberach, wo der politische Aschermittwoch der Grünen aus Sicherheitsgründen abgesagt worden ist. Vor der Stadthalle hatten sich laut Polizeiangaben etwa 1.000 Menschen zu einer nicht angemeldeten Protestaktion versammelt. Ein Demonstrant hatte eine Sense dabei, ein weiterer schwang eine Kettensäge.

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Gigs für die Massen

Arbeitnehmerrechte für Plattform­arbeiter konnten auf EU-Ebene nicht gesichert werden

von Minh Schredle

(zuerst erschienen in Jungle World, leicht aktualisiert)

Deutschland und Frankreich haben einen Vorschlag zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Plattformarbeiter:innen seitens der EU-Kommission und des Europaparlaments blockiert. Nun musste ein neuer Kompromiss erarbeitet werden, dem zufolge es der nationalen Rechtsprechung überlassen bleiben soll, über den Beschäftigungs­status von »Gig-Workern« zu befinden.

Einen »Gig« zu haben, heißt heute nicht nur, als Musiker:in auf der Bühne zu stehen. Der Begriff hat sich längst auch dafür etabliert, online vermittelte Einzelauftragsarbeiten auszuführen, also beispielsweise eine Person von A nach B zu kutschieren. Seit der Finanzkrise 2008/2009 ist die Gig-Ökonomie international rasant gewachsen, auch die Covid-19-Pandemie hat zu ihrem Anstieg beigetragen. Insbesondere dort, wo Arbeitslosenquoten hoch sind, nutzen Betroffene die Möglichkeiten plattformbasierter Beschäftigungsvermittlung, zum Beispiel um für Unternehmen wie Doordash Essen auszuliefern oder über die Plattform Helpling als Putzkraft einzuspringen.

In der EU haben sich 2021 einer Studie des litauischen Instituts PPMI zufolge über 28 Millionen Menschen über Plattformarbeit etwas dazuverdient oder ihr gesamtes Einkommen auf diese Weise erwirtschaftet. Die Studie prognos­tiziert, dass es 2025 schon 43 Millionen Menschen sein werden. Die Mehrheit der Plattformarbeite­r:in­nen, schreibt der Europäische Rat, sei heute »der Form nach selbständig«. In vielen Fällen lägen allerdings Hinweise vor, »dass sie eigentlich in einem Arbeitsverhältnis stehen und daher dieselben Arbeitnehmerrechte und denselben Sozialschutz, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nach nationalem und EU-Recht zustehen, haben sollten«.

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Sticker: Deutschland entnazifizieren, AfD-Verbot jetzt!

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